3. November 2022

Würde ich den Film noch mal schauen?

Kritik zu Don’t Worry Darling
Würde ich den Film noch mal schauen?

Wer das Drama um »Don’t Worry Darling« verfolgt hat, der wird wissen, wie kontrovers der Film gehandelt wird. Fans von Harry Styles und Florence Pugh loben den Film in den Himmel (gerade die Styles Fans verfälschen dadurch vielleicht die Reviews), die typischen Kritiker und „Filmbros“ (tm) finden den Film grottenschlecht und sehen jeden Makel als große Katastrophe. Irgendwie ist das ja aber wie bei jedem Film: Die Meinungen sind verschieden und extrem subjektiv. 

Ich habe mich lange auf den Film gefreut, weil ich großer Florence Pugh Fan bin. Und ja, ich mag auch Harry Styles - was aber nicht der Grund war, mir diesen Film anzusehen. Olivia Wilde und Chris Pine sind mir ziemlich egal, weswegen auch das Drama hinter den Kulissen und vor der Premiere in Venedig wenig von Interesse war für mich. Wichtig ist doch: Macht der Film Spaß? 

Und ja, mir machte er Spaß. Wenn man eben keine Erwartungen hat, weder gute (Harry spielt so toll!) noch schlechte (Twist war vorhersehbar und langweilig), dann kann man den Film ganz gut ansehen und daran Spaß haben. Man rätselt ein bisschen mit Alice (Florence Pugh) mit, wundert sich über die ein oder anderen Dinge und fragt sich, was am Ende nun die Wahrheit ist. Ich gebe zu, im Film stecken eine Menge guter Ideen, die leider nur im Anfangsstadium stehen und wenig ausgereift sind. Ebenso sind die Figuren sehr, sehr grob und ohne wirkliche Entwicklungen (ausgenommen natürlich Florence) dargestellt. Da hätte man durchaus mehr rausholen können. Nichtsdestotrotz habe ich mich gut unterhalten gefühlt und habe zwar den Twist etwas geahnt, aber die Gründe und die Umsetzung waren dann doch ein kleiner Moment der heruntergefallenen Kinnlade. 

Nach dem Film musste ich noch lange drüber nachdenken und mir wurde bewusst, warum mich dieser Twist so sauer gemacht hat. SPOILER für alle, die den Film noch sehen möchten!

Der Twist ist einfach, man kann sich relativ schnell erklären, dass die Welt, in der Jack und Alice leben, nicht die echte Welt ist, dass sie fabriziert wurde. Warum, bleibt vorerst ein Rätsel, wahrscheinlich aber, um die heile Welt zu retten. Doch da steckt mehr dahinter. Es ist eine virtuelle Welt, die nur im Kopf stattfindet, der echte Körper siecht dahin in der Realität und muss irgendwie am Leben gehalten werden. Vor allem die Frauen in dieser virtuellen Welt wissen nicht, dass sie nicht in der Realität leben. Die Männer schon. Die Männer sind diejenigen, die die Fäden in der Hand haben. Die die Macht über ihre Frauen haben. Die ihren Frauen die Entscheidungen abgenommen haben und sie ohne ihr Wissen in diese virtuelle Welt gebracht haben. Im Falle von Jack und Alice wird das Ganze eine grausame Metapher dafür, wozu Männer in der Lage sein können, wenn ihnen etwas nicht passt. Jack hat seinen Job verloren, Alice ist erfolgreiche Chirurgin, macht Doppelschichten, um das Geld zu verdienen. Jack findet keinen neuen Job, sitzt nur zu Hause und tut sich Verschwörungstheorien im Internet an. Alice ist kaum zu Hause, ist nur müde, nur überarbeitet, hat keine Zeit für Jack. Was passiert also? Jack wird sauer. Er kann es nicht haben, dass nicht er der Geldverdiener ist. Er kann es nicht haben, dass seine Frau nicht für ihn da ist, nicht für ihn kocht, keine Zeit für Zweisamkeit hat, dass sie eine Karriere und einen eigenen Willen hat. Das alles macht ihn so fertig, dass er nur einen Ausweg sieht: Er nimmt Alice jegliche Entscheidungsfähigkeit ab, verfrachtet sie in eine virtuelle Welt, wo sie die kleine süße Hausfrau ist und für ihn kocht, putzt und zu jeder Zeit verfügbar ist. In den 50ern oder 60ern war doch alles viel besser, nicht wahr? Frauen hatten kaum Rechte, konnten schön zu Hause rumhängen und das Leben feiern und alles, was sie dafür tun mussten, war ihren Mann wie einen Gott zu verehren und alles für ihn zu tun. Easy Peasy. 

Schlimm ist ja, dass Jack nicht der Einzige ist, der seine Frau in diese Welt zwingt, nein, eine ganze Reihe von Männern tut es ihm gleich, keine der Frauen weiß die Wahrheit. Bis auf eine (oder zwei). Olivia Wilde spielt eine der Nebenfiguren, die in Wirklichkeit selbst die Entscheidung dazu getroffen hat, in dieser kuriosen Scheinwelt zu leben, weil hier ihre Kinder am Leben sind. Wilde hat mich in diesem Film aber extrem gestört. Da sie auch die Regie geführt hat, gab es ihrer Figur eine Art „auktorialer Erzähler“-Vibe. Man hat von Anfang an das Gefühl, dass sie weiß, was los ist. Und das hat sie ja auch! Auf mehreren Ebenen - der filmischen und der Meta-Ebene. Ein weiterer Punkt der eher negativ ist: Einige der nicht Weißen im Film (z.B. Kiki Layne und Ari’el Stachel) wurden scheinbar mit Absicht eher im Hintergrund gehalten und so gut es ging „rausgeschnitten“. Auch hier zeigt sich eben die sehr geringe Charakterstudie einzelner Charaktere und der spärliche Fokus darauf. 

Für mich ist der Film dennoch gelungen, auch wenn er einige Schwächen hat, denn ein Film, über den ich noch so lange nachdenke, der Stoff für Gespräche liefert (inhaltlich, nicht das Drama außen rum), ist für mich ein guter Film. Florence Pugh war hervorragend - auch wenn sie die Einzige im ganzen Ensemble ist, die alles gegeben hat und als Einzige wirklich überzeugt hat (oder die Chance hatte, zu überzeugen). Die Bilder waren herrlich inszeniert, die Musik, die Farben, das Setdesign. Würde ich den Film noch mal schauen? Für Florence Pugh sicherlich. Aus anderen Gründen nicht. 

Anne

http://www.warnerbros.de/de-de/filme/dont-worry-darling