3. November 2022

Remember Remember

Mehr als nur ein Kino – das Rundkino wird 50 Jahre jung
Remember Remember

Junge Junge, das war schon ne Messe damals, ich gerade mal acht, als das Rundkino seine Pforten öffnete und damals der Begriff UFO noch nicht meinen Wissensschatz erreicht hatte. So stellte man sich ein High-End-Raumschiff vor. Ich sag nur »Abenteuer im Sternbild Kassiopeia« der eigentlich »Отроки во Вселенной« hieß. Ich glaube, dort fast alle wichtigen Filme gesehen zu haben. »Apachen« mit Gojko wurde noch so ausgesprochen, wie man es las, das Selbe galt für den Formel 1-Film »Grand Prix« von John Frankenheimer. Ich ganz vorn und das war für den Film Pflicht, in der ersten Reihe mit rennfahrergleich ausgestreckten Beinen vor der konkav gewölbten Megaleinwand von 9,2 Metern Höhe und 21 Metern Breite. Heute würde man sagen ALTÄÄR!

Als Kind war für einen vor allem die neue geneigte Bauweise des Saales sehr förderlich, so dass man nicht wie sonst irgendwelche Pullover oder voluminösen Jacke mitschleppen musste, in der Befürchtung, dass sich Angela Davis und Dirk Nowitzki vor einem platzieren würden. Auch erlebte ich hier in den 70ern meine erste 3D Aufführung eines sowjetischen Schmetterlingsfilmes. Dazu wurde eigens vor der Riesenleinwand irgend so ein Gerecke aufgebaut, welches aber wesentlich kleiner war und eine autostereoskopische Drahtgitterleinwand darstellen sollte. Nun ja, da flogen einem bissl die Schmetterlinge vorm Gesicht rum und das war’s dann auch. 

Anfang der 80er startete die Zeit der digitalen Armbanduhren, die durch ihren digitalen Piiiiep jede volle Stunde anmerkten, und ihren Siegeszug durch die Kinos angetreten zu haben. Da die meisten Uhren noch nicht radiocontroled waren, kam es nach jeder vollen Stunde während des Kinobesuches zu einem drastischen Spannungsabbau, wenn wenigstens 96 Digiuhren ca. eine Minute ihren persönlichen Standpunkt zur Zeit kundtaten. Amüsiert erinnere ich mich auch noch gern, dass es im Studiokino einen sogenannten Cameraklub gab, in den man ganz schwer reinkam und dort aber ausgewählte künstlerisch hochwertvolle Filme gezeigt wurden, die der Normalo nicht zu Gesicht bekam und schon gar nicht verstanden hätte. Mitte der 80er Jahre zeigte man dort erstmals Buñuels »Das goldene Zeitalter«. Während wir, Wolf Götz Richter, Rainer A. Schmidt und meine Wenigkeit als Einzige, spätestens, als die Giraffe aus dem Fenster geworfen wurde, uns lauthals lachend über diesen köstlichen Film amüsierten, schauten uns die anwesenden Kunststudenten, Dresdner Künstler und Neustadtintellektuellen entsetzt an. 

Eines der bemerkenswertesten esoterischen Erlebnisse hatte ich ebenfalls im Rundkino. Mit Steffen Böhme besuchte ich eine Vorstellung von »Robinson Junior«. Ich erwarb die Karten an der Kasse und übergab eine an Steffen. Er hatte den Platz 24 und ich Nummer 25 in der Reihe 13. Daran ist erst mal nichts Außergewöhnliches festzustellen. Genau eine Woche später traf ich mich mit Thomas Dittler und wir gingen abermals in eine »Robinson Junior«-Vorstellung. Wieder erwarb ich die Karten und drückte Thomas eine in die Hand. Nachdem wir uns in die Kinostühle sinken ließen, stellte ich voller Erstaunen fest, dass wir Kinokarten für die Reihe 13 hatten, Thomas Platz 24 und ich Nummer 25. Das war nicht nur ein Zufall, sondern gleich zwei. Womit hatten wir das verdient, sollte das Einfluss auf unser weiteres Leben haben? Ich weiß es nicht. Steffen Böhme machte sein Abi, Thomas Dittler und ich nur die Polytechnische Oberschule und nun ist auch dieser Text fertig.

Ray van Zeschau

Foto: Kelly Family vs. Michael J. Fox
1990 trat die Kelly Familie noch auf der Prager Straße auf, Foto © Michael Rudolph