28. August 2015

Reduziert auf das Wesentliche

Gar nicht so einfach - Pro & Contra »Mission: Impossible – Rogue Nation«
Reduziert auf das Wesentliche
Während die britische Doppel-Null noch den Anzug für die Premiere im November bügelt, präsentiert Kollege Ethan Hunt schon mal sein fünftes Abenteuer. Der Redaktion des Kinokalender Dresden gefällt das.

Pro:
Ist der Kerl verrückt? Lebensmüde? Oder einfach nur geil darauf, von allen bewundert zu werden? Welche Beweggründe man Tom Cruise auch andichten möge, Fakt ist: Dient es dem Unterhaltungswert des Films, macht er nahezu alles. Nach einem inzwischen legendären Tanz am Ende von »Tropic Thunder« und einem Kletterausflug für den vierten Teil von »Mission: Impossible« an der Fassade des Burj Khalifa, dem aktuell höchsten Gebäude der Welt, ist der 53(!)-Jährige momentan im Kino dabei zu erleben, wie er an der Außenseite eines startenden Flugzeugs hängt – nur mit den Händen wohlgemerkt.

In Zeiten bombastischer Effekte-Filme, bei denen Superhelden durch computergenerierte Straßenschluchten fliegen und ganze Pixel-Wolkenkratzer in Schutt und Asche kloppen, wirken Stunts wie diese erfrischend altmodisch. Sind sie gefährlich? Auf jeden Fall! Spielen sie für die Handlung eine Rolle? Nicht wirklich. Aber sie bieten Spektakel – ganz so wie Bonds leichtfüßiger Spaziergang über lebende Krokodile in »Leben und sterben lassen« (1973), Steve McQueens hektische Stadtrundfahrt in einem Mustang in »Bullitt« (1968) oder Clint Eastwoods Sprung auf einen fahrenden Bus in »Dirty Harry« (1971). Und siehe da: Tom Cruises Stunt-Wahnsinn ist kein Einzelfall.

Auch nicht in »Mission: Impossible – Rogue Nation«: Reduziert auf das Wesentliche, ist der Agententhriller nämlich nicht mehr als eine 130-minütige Aneinanderreihung von Actionszenen. Da wundert es nicht, dass besagte Flugzeug-Sequenz bereits zum Filmbeginn verheizt wird. Nein, es wird tatsächlich noch aufregender. Dank einem Profi wie Christopher McQuarrie auf dem Regiestuhl, der sich hauptberuflich als sehr guter Drehbuchautor (»Die üblichen Verdächtigen«) seine Adrenalin-Kicks holt, langweilt die Hatz um den Globus kein bisschen. Von überflüssigem inhaltlichen Ballast wie Liebesabenteuern, Charakterentwicklung oder kurzen Martini-Saufgelagen vollständig befreit (nimm dies, Doppel-Null!), hat nur eines Priorität: dem Bösewicht in die Parade zu fahren. Das mag nach wenig Substanz klingen, für ein gelungenes Agentenabenteuer braucht es nicht mehr.

Das sah bei den vier Vorgängerfilmen noch anders aus, was diese hier und da immer ein wenig ausgebremst hat. Apropos ausbremsen: Scheinbar galt es, noch etwas gutzumachen bei den Fans der Reihe, denn nach »M:I-2« ist es nun schon das zweite Mal, dass eine Schlüsselszene in einer Motorradjagd endet. Diesmal einer realen. Vor 15 Jahren hingegen dienten die Maschinen lediglich als Stützgerät, auf denen Agent Hunt die unsinnigsten Turnübungen fabrizierte. Dummerweise erinnerte die ganze Akrobatik jedoch weniger an einen spannenden Schlagabtausch als vielmehr an Charlie Sheens Maschinenritt in »Hot Shots«, mit der dieser eine vorbeireitende Frau beeindrucken wollte.
Fazit: Wer es leid ist, auf den nächsten Auftritt von Mr. Bond zu warten, kann sich mit »Mission: Impossible – Rogue Nation« schon mal trefflich in Stimmung bringen. Aber Vorsicht! Es könnte sein, dass »Spectre« diesem wunderbaren Sommerblockbuster nicht das Wasser reichen kann.
Csaba Lázár

Semi-Contra

Ups, da hab‘ ich doch gedacht, es wäre ein Leichtes über solch‘ Agenten-Action-Sch… eine Verriss zu schreiben – Pustekuchen, ist gar nicht so einfach.
Ich fang‘ mal mit dem Begriff an: Im Untertitel heißt »MI5« – nicht der britische Inlandsgeheimdienst sondern besagter fünfter Teil – „Rogue Nation“, was nichts mit der Farbe „rot“ zu tun hat, sondern gleichbedeutend ist mit „Schurkenstaat“. Erkenntnis Nr. 1: der kalte Krieg ist vorbei und der russische Bär muss nicht mehr als Bösewicht herhalten – gut. Erkenntnis Nr. 2: den Geheimdiensten sind die Gegner ausgegangen. Es geht nämlich gar nicht darum, ein anderes, wie auch immer „feindlich“ gesonnenes Land zu bekämpfen, sondern Teile des Dienstes haben sich verselbständigt, sind sozusagen „mutiert“, haben sich „der dunklen Seite der Macht“ verschrieben und müssen nun ihrerseits bekämpft werden – auch gut, wohl etwas näher an der Realität. Doch warum dann der Untertitel „Schurkenstaat“? Sehr zweifelhaft, um nicht zu sagen sinnlos, regelrecht falsch, da es sich nicht auf das Wort „rogue“ = „Schurke“ beschränkt, sondern ausdrücklich noch die „nation“ im Namen führt. Ein absoluter Widerspruch zum Inhalt und der Aussage des Films! In der Schule würde es heißen „Thema verfehlt, 5 setzen“.

Macht nichts, vergessen, es fängt ja cool an und da ich unvoreingenommen herangehen will, lasse ich mich auf die Story ein und werde gut unterhalten. Teilweise wird aus einem Schmunzeln auch mal ein Lacher. Natürlich hat die Geschichte ihre Ungereimtheiten – wassergekühlte Festplatten unter einem Kraftwerk in Marokko versteckt, häh? Aber Schwamm drüber – fragen wir lieber nicht nach Logik und Authentizität – lassen wir uns in eine Fantasy-Welt entführen und – Vorsicht! – wer weiß, was irgendwann einmal alles enthüllt wird.
Technisch gibt es wirklich nichts auszusetzen, das ist schon alles auf sehr hohem Niveau gemacht.

Einige Ungereimtheiten bleiben: Tag-täglich sterben z.B. Motoradfahrer im Straßenverkehr durch ganz „normal“ kleine Fehler bei ganz „normalen“ Geschwindigkeiten – wie kann sich dann Tom Cruise eine wilde Verfolgungsjagt mit seinen Gegenspielern liefern, an deren Ende er schwer stürzt und ohne Helm und anderweitigen Schutz nicht einen Kratzer davonträgt? Sind wir doch bei einer Comic-Verfilmung gelandet oder bei Harry Potter? Hermine ist doch gar nicht am Start.
Überhaupt „Motorrad-Verfolgungsjagt“ – das ist doch von vorgestern! Was soll diese Anbiederung an die vermeintlichen Wünsche und Sehgewohnheiten des Zielpublikums? Auto- und Motorradrennen kann man doch überall daddeln, dazu braucht es keine Kinoeintrittskarte. Ich hab’ die Stelle genutzt, um die Augen zu schließen, auch zur Vermeidung einer aufkommenden Übelkeit durch die rasante Kurvenfahrt.

Am Ende bin ich doch mit dem Genre versöhnt, Hunts zu Beginn des Film aufgelöste IMF-Einheit darf weitermachen, ergo wird es auch weitere Teil geben, »MI 6« ist doch auch ein schöner Titel, ach nein, das wäre ein Dokumentarfilm, dann geht es eben in der Zukunft mit 7 und 8 weiter.
TCR

http://www.missionimpossible-film.de