22. Januar 2014
Kinosaalerlebnisbericht Zwo-null-eins-drei

Ignorant! Kann gar nicht sein, wenn von meinen zwölf beim Chefredakteur eingereichten „…im Nachgang“-Texten neun das Prädikat „pro“ erhalten haben. Es sei denn, er hält es wie »Only God Forgives«-Regisseur Nicolas Winding Refn, der seine Filme laut eigener Aussage „für unterwegs“, also für das Smartphone, macht. Ausgerechnet Refn! Weil seine Arbeiten sich ja auch so schön nebenbei weggucken lassen…
Etwas konstruktiver sind da schon die Vorschläge von Filmemacher Rian Johnson, der uns bereits 2012 »Looper« bescherte: Er stellte für Fans einen Audiokommentar fürs Kino bereit, der dann parallel zum Filmgenuss über das eigene Mobilgerät zugeschaltet werden konnte. Aber bitte nur mit verdecktem Display und Kopfhörern, um andere Besucher nicht zu stören! Wobei genau das, nennen wir es mal „Rücksichtnahme“, viele Filmkonsumierer inzwischen offenbar überhaupt nicht mehr interessiert. Persönlicher Höhepunkt: Stallones passabler »Shootout« in einem Multiplex an einem Freitagabend. In der Vorderreihe drei Teenager, die ihr Handydisplay interessanter fanden als die Action auf der Leinwand, am Ende der eigenen Reihe ein Mann, der telefonierend(!) den Saal betrat und das Gespräch auch nach Filmbeginn in voller Lautstärke zehn Minuten lang weiterführte. Wo bleiben da die „Ninja-Aufpasser“ aus London? Dort werden ungezogene Kinobesucher neuerdings nämlich von Freiwilligen in schwarzen Ganzkörperanzügen im Dunkeln aufgespürt, erschreckt und ermahnt.
Aber genug von dem, was vor der Leinwand geschehen ist. Cineastisch gesehen war 2013 nämlich ganz und gar nicht schwach. Anspruchsvolles Programmkino wie »Die Jagd«, »Freier Fall«, »Das Leben ist nichts für Feiglinge« und »Der Geschmack von Rost und Knochen« bewiesen erneut die Stärke des europäischen Kinos. Die amerikanische Independent-Szene fügte mit »The Place Beyond the Pines«, »Take This Waltz«, »Stoker« und »Prisoners« seinem Katalog starbesetzte Perlen hinzu, während Hollywood dank »Der große Gatsby«, »Iron Man 3«, »Gangster Squad«, »Zero Dark Thirty«, »Lincoln« oder «Captain Phillips« einmal mehr seine Fähigkeit präsentierte, gute Filme für den Moment zu schaffen, aber nix für die Ewigkeit. Das gelang 2013 nur Alfonso Cuarón: Sein »Gravity« überstrahlte in technischer, inhaltlicher und optischer Hinsicht alles, was es in den vergangenen Monaten aus der Traumfabrik zu sehen gab. Anders, innovativ, einzigartig – und zweifellos ein Werk, an das man sich noch lange erinnern wird.
Diese viel zu kleine Auswahl an sehenswerten Filmen muss an dieser Stelle genügen, um noch einen Ausblick auf 2014 geben zu können. Denn seit dem Besuch eines der zahlreichen Filmfeste, die jährlich deutschlandweit stattfinden und Vorpremieren ohne Ende parat halten, besteht das starke Bedürfnis, auf folgende, demnächst startende Ausnahmewerke explizit hinzuweisen:
»Forgive Me« von Cemil Agacikoglu blickt auf den Mikrokosmos einer türkischen Familie, dessen 40-jähriger Sohn Autist ist. Ein detailliertes, von unglaublicher Intensität getragenes Porträt der Geschlechterrollen in der Türkei mit einem außergewöhnlichen Hauptdarsteller namens Güven Kiraç.
»Borgman« von Alex van Warmerdam durfte sich bereits über eine Nominierung für die Goldene Palme in Cannes freuen und ist der wohl fieseste (Lach-)Angriff auf die Bürgerlichkeit, den es je auf Zelluloid gab. Und weil wir schon an der Côte d’Azur sind: Den Preis als Bester Darsteller gewann Bruce Dern – zu Recht – für seinen Auftritt in Alexander Paynes melancholischem Roadmovie »Nebraska« (Foto). Drei Filme, für die es sich lohnt, auch im nächsten Jahr dem Kino die Treue zu halten.
Viel Spaß!
… wünscht Csaba Lázár
Etwas konstruktiver sind da schon die Vorschläge von Filmemacher Rian Johnson, der uns bereits 2012 »Looper« bescherte: Er stellte für Fans einen Audiokommentar fürs Kino bereit, der dann parallel zum Filmgenuss über das eigene Mobilgerät zugeschaltet werden konnte. Aber bitte nur mit verdecktem Display und Kopfhörern, um andere Besucher nicht zu stören! Wobei genau das, nennen wir es mal „Rücksichtnahme“, viele Filmkonsumierer inzwischen offenbar überhaupt nicht mehr interessiert. Persönlicher Höhepunkt: Stallones passabler »Shootout« in einem Multiplex an einem Freitagabend. In der Vorderreihe drei Teenager, die ihr Handydisplay interessanter fanden als die Action auf der Leinwand, am Ende der eigenen Reihe ein Mann, der telefonierend(!) den Saal betrat und das Gespräch auch nach Filmbeginn in voller Lautstärke zehn Minuten lang weiterführte. Wo bleiben da die „Ninja-Aufpasser“ aus London? Dort werden ungezogene Kinobesucher neuerdings nämlich von Freiwilligen in schwarzen Ganzkörperanzügen im Dunkeln aufgespürt, erschreckt und ermahnt.
Aber genug von dem, was vor der Leinwand geschehen ist. Cineastisch gesehen war 2013 nämlich ganz und gar nicht schwach. Anspruchsvolles Programmkino wie »Die Jagd«, »Freier Fall«, »Das Leben ist nichts für Feiglinge« und »Der Geschmack von Rost und Knochen« bewiesen erneut die Stärke des europäischen Kinos. Die amerikanische Independent-Szene fügte mit »The Place Beyond the Pines«, »Take This Waltz«, »Stoker« und »Prisoners« seinem Katalog starbesetzte Perlen hinzu, während Hollywood dank »Der große Gatsby«, »Iron Man 3«, »Gangster Squad«, »Zero Dark Thirty«, »Lincoln« oder «Captain Phillips« einmal mehr seine Fähigkeit präsentierte, gute Filme für den Moment zu schaffen, aber nix für die Ewigkeit. Das gelang 2013 nur Alfonso Cuarón: Sein »Gravity« überstrahlte in technischer, inhaltlicher und optischer Hinsicht alles, was es in den vergangenen Monaten aus der Traumfabrik zu sehen gab. Anders, innovativ, einzigartig – und zweifellos ein Werk, an das man sich noch lange erinnern wird.
Diese viel zu kleine Auswahl an sehenswerten Filmen muss an dieser Stelle genügen, um noch einen Ausblick auf 2014 geben zu können. Denn seit dem Besuch eines der zahlreichen Filmfeste, die jährlich deutschlandweit stattfinden und Vorpremieren ohne Ende parat halten, besteht das starke Bedürfnis, auf folgende, demnächst startende Ausnahmewerke explizit hinzuweisen:
»Forgive Me« von Cemil Agacikoglu blickt auf den Mikrokosmos einer türkischen Familie, dessen 40-jähriger Sohn Autist ist. Ein detailliertes, von unglaublicher Intensität getragenes Porträt der Geschlechterrollen in der Türkei mit einem außergewöhnlichen Hauptdarsteller namens Güven Kiraç.
»Borgman« von Alex van Warmerdam durfte sich bereits über eine Nominierung für die Goldene Palme in Cannes freuen und ist der wohl fieseste (Lach-)Angriff auf die Bürgerlichkeit, den es je auf Zelluloid gab. Und weil wir schon an der Côte d’Azur sind: Den Preis als Bester Darsteller gewann Bruce Dern – zu Recht – für seinen Auftritt in Alexander Paynes melancholischem Roadmovie »Nebraska« (Foto). Drei Filme, für die es sich lohnt, auch im nächsten Jahr dem Kino die Treue zu halten.
Viel Spaß!
… wünscht Csaba Lázár
