Verbotene Filme

Dokumentation, Deutschland 2014, 98 min

In Deutschland darf Adolf Hitlers „Mein Kampf“ nicht erscheinen - selbst eine historisch-kritische Neuausgabe mit Erläuterungen wird derzeit politisch verhindert. Wie „gefährlich“ oder „verführerisch“ sind dann erst die Propagandafilme der Nazis, die ja bewusst gedreht wurden, um die Menschen mit Lügen und Volksverhetzung zu manipulieren? 1200 Spielfilme wurden zwischen 1933 und 1945 produziert, sie folgten üblichen Genremustern, waren lustig, spannend und unterhaltsam und hatten daher ein Millionenpublikum. Die Alliierten verboten 300 davon als Propaganda, 40 sind es heute noch. Sie sind als „Vorbehaltsfilm“ deklariert und dürfen nur mit pädagogischer Einführung und Nachgespräch gezeigt werden. So sah auch die Rezensentin einst »Jud Süß« im KiD. Solche Vorführungen sind selten und daher oft ausverkauft. Sollen die Filme verboten und ihre Vorführung eingeschränkt bleiben oder frei im Fernsehen gezeigt werden dürfen?
Der Dokumentarfilm zeigt viele Ausschnitte aus den 40 (Mach)Werken und schnell wird klar: Die Filme sind im besten Falle unangenehm. Wer auf die Propaganda vorbereitet ist, ist ein bisschen gefeit. Jedoch bestätigen auch Wissenschaftler: Es bleibt immer was hängen. Da werden Juden als skrupellose Menschen gezeigt, die Geld mit Blut aufwiegen. Polen als Hetzer, die die braven Deutschen vertrieben haben, und sogar Sterbehilfe wurde - filmisch und dramaturgisch durchaus bewegend - genutzt, um die Euthanasieprogramme der Nazis zu rechtfertigen. Goebbels beschrieb das Wesen der Propaganda als „Durchtränken“ des Zuschauers, „ohne daß er überhaupt merkt, dass er durchtränkt wird“. Gute Gründe für eine weiterhin strikte Handhabung der Aufführung.
Der hochspannende Film lässt aber auch Fürsprecher zu Wort kommen: Der israelische Historiker Moshe Zimmermann ist für die Ausstrahlung im Fernsehen. Er glaubt, wenn davon jemand Nazi wird, dann ist vorher bereits eine Menge versäumt worden. Auch zwei Nazi-Aussteiger können sich nicht vorstellen, dass ein einziger Film einen Menschen zum Nazi machen kann. Und Filmemacher Oskar Roehler (»Jud Süß - Film ohne Gewissen«) bemerkt ganz pragmatisch, „die Randgruppen“ würden sich „das Zeug“ eh beschaffen. Und er hätte halt gern die „20 Naziklassiker im Regal“, wie das Bildungsbürger halt so machen.
Der Film versucht nicht, Antworten zu geben, er hat für Meinungen auf beiden Seiten gute Fürsprecher mit plausiblen Argumenten. Viele werden beim Anschauen ihre Meinung - vielleicht sogar mehrfach - ändern. Die Frage bleibt schwer zu beantworten, das Reden darüber ist spannend und aufschlussreich.
Petra Wille

Buch: Felix Moeller

Regie: Felix Moeller

Produktion: Blueprint Film, Arte, rbb, Felix Moeller

Bundesstart: 06.03.2014

Start in Dresden: 06.03.2014

FSK: ab 6 Jahren