Der Sohn

Drama, Belgien/Frankreich 2002, 104 min

“Niemand würde so etwas machen, warum du?“ „Ich weiß es nicht „, antwortet Olivier. Der Besitzer einer kleinen Tischlerwerkstatt lehrt den 16-jährigen Francis, der wie die anderen Jungs aus dem Gefängnis gekommen ist, mit Holz zu arbeiten. Francis ahnt nicht, dass ihn mit Olivier ein gleichermaßen brutales wie banales Ereignis verbindet, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die schreckliche Vergangenheit zur Sprache kommt. Die Kamera folgt Olivier, sperrt ihn in enge Bilder ein, saugt die Farbe aus den Dingen, beobachtet mal einen minimalistischen, mal einen körperlich agierenden Akteur. Wenn sich gegen Ende das schreckliche Geheimnis der beiden offenbart, ist es fast schon egal, wie sich die angestauten Gefühle beim Showdown entladen. Das psychologische Puzzlespiel erzählt von klassischen Kinothemen wie Schuld und Sühne mit verblüffend neuen Ansätzen. Die Spannung des Filmes wird durch das Spiel des Hauptdarstellers noch gesteigert: Der Mann rührt und ängstigt einen im gleichen Augenblick. Alles steckt in diesem verschlossenen, traurigen Blick: grenzenloses Leid und eine nur mühsam im Zaum gehaltene Wut. Für dieses subtile Schauspiel wurde Oliver Gourmet bei den Filmfestspielen 2002 in Cannes mit dem Preis für die beste Darstellung gewürdigt. Die belgischen Regisseure Luc und Jean-Pierre Dardenne zeigen sich als Vertreter eines neuen radikalen Realismus im französischsprachigem Kino.