Die Amitié

Ein sehr ungewöhnlicher Film erwartet uns mit dieser Geschichte aus dem Bereich der prekären Arbeitswelt. Ist es nun eine Tragödie oder Komödie oder sogar Utopie über KI, Solidarität und die fünf großen Krisen unserer Gesellschaft? So zumindest behauptet es das Filmkollektiv Amitié. Doch der Reihe nach.
Eine polnische Altenpflegerin, Agniezska, eher jugendlich, kommt nach Lübeck in eine elegante Villensiedlung, in der einst Familien, heute eher einzelne ältere Leute wohnen. Dort soll sie einen Herrn pflegen, der in die Demenz abdriftet: Siegfried. Bereits auf der Reise lernt sie einen jungen Ökonomen aus Abidjan kennen, Dieudonné, der, zunächst nur als Hilfskraft, in einer nahegelegenen Gärtnerei arbeitet. Er ist Teil eines migrantischen Netzwerks, das zur Selbstorganisation auf intelligente Algorithmen zurückgreift. Gemeinsam arbeiten die Altenpflegerin, der Gärtner und die Algorithmen subjektiv an der Versorgung und am Erhalt von Leben und objektiv an der Abschaffung von Klassen-, Kolonial- und sonstigen Machtverhältnissen. Gezeigt wird auch, welche weiteren Welten sie dabei entdecken.
Der Film wendet sich fünf von den Autoren lokalisierte Krisen und auch ihrer freundlichen Lösungen zu. Neben der grausamen Erfahrung der Demenz, der Pflege unserer Alten, die völlig ungeklärt ist und gern auf auswärtige Pflegekräfte abgegeben wird, sind es noch die Fragen der Migration, der erzwungenen Flexibilität sowie des übersubventionierten EU-Agrarsektors. Sehr mutig, aber auch ambitioniert. Ob es dem Kollektiv Amitié gelungen ist, diesen großen Bogen erzählerisch straff zu spannen und korrekte Antworten auf die großen Fragen zu liefern, davon sollte sich jeder selbst überzeugen.
ak