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Capernaum - Stadt der Hoffnung

Drama, Libanon/USA 2018, 126 min

In jedem Jahr ist es spannend zu sehen, welches Spektrum sich bei den Auslands-Oscars abzeichnet. Wenn man sich bewusst dafür entscheidet, diese Filme im Kino zu erleben, sollte man sich auf jeden Fall »Capernaum - Stadt der Hoffnung« anschauen. Er gewann in Cannes nicht nur den Großen Preis der Jury, sondern erhielt auch minutenlange Standing Ovations. Die libanesische Regisseurin Nadine Labaki schuf einen Film, der mehr Dokumentation als Fiktion ist und mit zwei konstruierten Handlungssträngen eine wahre Geschichte erzählt.
Der zwölfjährige Zain (Zain Al Rafeea) lebt in einer Großfamilie im Armutsviertel von Beirut und flüchtet sich immer mehr in kleine kriminelle Handlungen, spätestens ab dem Zeitpunkt, als seine geliebte Schwester Sahar (Haita Izam) von seiner Familie verkauft wurde. Auf der Straße lernt er die Illegale Rahil (Yordanos Shiferaw) und ihren kleinen Sohn Yonas (Boluwatife Treasure Bankole) kennen und merkt, wie sich eine Familie wirklich anfühlen kann. So beschließt er nach einer extremen Tat, seine Familie selbst zu verklagen. Unter dem Titel des Wohn- und Wirkungsortes Jesu Christus, Capharnaüm, erzählt Labaki eine bewegende Geschichte. Dabei fällt der Film aus vielen Gründen aus der Masse der Armut anklagenden Spielfilme heraus. Zum einen durch seinen fast dokumentarischen Ansatz, dazu gehören der Dreh an Originalschauplätzen und die Wahl von Laiendarstellern. Zum anderen durch den Verzicht auf musikalische Untermalung und den Einsatz einer bewegten Kamera. Wunderbar ist auch die stetige Perspektivhaltung bei dem Antihelden Zain. So befinden wir uns fast immer auf seiner Blickhöhe und sehen die Welt aus seinen Augen. Hinzu kommt, dass die Regisseurin Charakterisierungen in Gut und Böse sowie sämtlichen Kitsch vermeidet. Das macht »Capernaum - Stadt der Hoffnung« im Gesamten zu einem starken OSCAR-Anwärter, welchen man im Kino auf keinen Fall verpassen sollte.
Doreen