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Lolita lesen in Teheran

Drama, Italien/Israel 2025, 108 min

Islamische Sittenwächter führen Razzien durch, Fundamentalisten besetzen zunehmend die Universitäten, das öffentliche Leben wird rigide reglementiert. So ist die Lage in Teheran, als die Literaturprofessorin Azar Nafisi (Golshifteh Farahani) ihre Wohnung für sechs ihrer engagiertesten Studentinnen öffnet, als heimlicher Salon für Lesungen westlicher Klassiker, darunter Nabokovs „Lolita“, F. Scott Fitzgeralds „Der große Gatsby“ und Werke von Henry James und Jane Austen. Nafisis junge Studentinnen - darunter Sanaz (Zar Amir Ebrahimi) und Nassrin (Mina Kavani) - entwickeln durch die Lese-Treffen und -Diskussionen nicht nur eine eigene Haltung zur Literatur, sie entdecken Möglichkeitsräume und wünschen sich die Freiheiten ihrer literarischen Heldinnen und Helden. 
Regisseur Eran Riklis zeigt mit ruhiger Kamera und klarer Bildsprache, wie der Akt des Lesens zur Tat wird und kontrastiert die entspannt kammerspielartigen Salon-Szenen mit dem komplexen Alltagsleben der Frauen, die moralisch, politisch und persönlich stark unter Druck stehen und sich mit den Lesungen in große Gefahr begeben. Das Bücherverbot der Islamisten macht die literarischen Begegnungen zu einem stillen Revolutionsmoment. Dem Ensemble um Farahani und Ebrahimi gelingt es, die starke Spannung zwischen Hoffnung und Kontrolle, Dialog und Schweigen, Vergangenheit und Zukunftshoffnung jederzeit zu halten. »Lolita lesen in Teheran« ist ein Film, der ganz und gar der Kraft und Veränderungsmacht von Literatur vertraut, der dazu auffordert, innezuhalten und mitzufühlen. Was heißt Freiheit, wenn man sie nicht nach außen tragen darf? Wie wirken Klassiker aus dem Westen, wenn sie heimlich gelesen werden müssen? Wie stark ist der Mensch, wenn ihm nur das Wort bleibt? 
Grit Dora