Alles inklusive

Komödie/Drama, Deutschland 2013, 123 min

Höchste Zeit, um wieder an den Sommer zu denken und den Phantasien über die Destinationen handfesten Grund zur Freude zu geben. Und da stellt sich wieder die Frage: all inclusive oder doch lieber Selbsterkundungstour? Der Alltag wirft uns doch sowieso schon von einer Herausforderung in die andere, da müssen wir uns nicht auch noch ins kalte Poolwasser schubsen lassen. Lieber pausenlos Cocktails in die Hand serviert bekommen und „all you can fress“, wie man das so im Urlauberjargon sagt.
Torremolinos ist jedenfalls so ein Ort, an dem die Spießbürgerlichkeit so früh wie möglich ihr Handtuch auf der Liege positioniert, um sich die beste Aussicht aufs Pool-Publikum zu sichern. 1967 war das anders: Die wenigen Strandbesucher in Badebekleidung wurden belacht, während die Gitarre immer eine Hand fand, die sie streifte, und das Leben ein reiner Ausdruckstanz war. Mitten im Hippie-Paradies fand sich auch Ingrid, die damals die schönsten Brüste am Strand hatte, und ihre verängstigte Tochter Apple, badeanzugtragend und bis heute in einer „schwierigen Phase“ steckend. Nun kehrt das Duo nach 30 Jahren an den verwunschenen Ort zurück und erkennt das Fischerdorf vor lauter Entertainment und blinkendem Lärm nicht mehr wieder. Die Tochter (Nadja Uhl), deren saftiger Name heute eher an Unterhaltungselektronik erinnert, hat noch ihren einzigen treuen Partner, den halbgelähmten Hund Freud, im Gepäck. Und während die Mutter (Hannelore Elsner) nach dem sonnigen Leben aus der Vergangenheit tappt, stößt sie auf alte Bekannte: Tim bzw. Tina (Hinnerk Schönemann) ist unverkennbar Opfer der Hotelindustrie in Torremolinos geworden und unterhält als Playback-Schlager-Travestie-Künstler das heutige Rentnerpublikum. Sein Vater Karl (Robert Stadlober) war damals Ingrids große Liebe, obwohl er mit Frau, Kind und Villa nicht annähernd so hippie war wie das Strandvolk. So werden unterschiedliche Lebensentwürfe von Frust zu Lust unter die Lupe genommen und zu einer melancholisch-lebensfrohen Komödie verpackt - Doris Dörries Spezialgebiet also.
Die gefeierte Regisseurin ist seit mehr als 30 Jahren prägender Teil der deutschen Filmlandschaft (»Männer«, »Keiner liebt mich«, »Kirschblüten - Hanami«) und scheint besonders vom Schrägen des Alltags fasziniert. Diesmal erkundet sie neben den Absurditäten des modernen Reisens und der deutschen Sehnsucht nach den südlichen Sonnenstrahlen auf dem Bauch vor allem die Flucht vor der Vergangenheit und den Generationenwandel - denn wo in Ingrid immer noch das Lebensfeuer brennt, stolpert Apple neurotisch von einem Unglück ins nächste. Eine Gesellschaftssatire über das Glück, das man leider nicht buchen kann, das sich aber oft dort finden lässt, wo man es gar nicht erwartet hat.
Theresa