Springsteen: Deliver Me From Nowhere
Jetzt kommt also auch „The Boss“ auf die Leinwand. Und biegt gleich wieder ab. Was damals als ein „sehr ungewöhnlicher Karriereschritt“ betrachtet wurde, entpuppte sich als großes Glück. Bruce Springsteen (Jeremy Allen White) flogen gerade die ersten, üblichen Trümmerteile eines gelungenen Raketenstarts um die Ohren, seinem Durchbruch „Born To Run“ und dem Nachleger „The River“ folgte eine lange, strapaziöse Tournee, (und wir wissen alle, wie anstrengend ein einziges Springsteen-Konzert sein kann). Die Plattenbosse bei Columbia Records witterten Profit, wollten dringend eine neue Münze einwerfen in ihr angesagtes Star-Juke-Box-Vehikel… Da zieht Springsteen alle Stecker raus und taucht für Monate ab. Und Gott allein weiß, an wie vielen Enden seine Kerzen brannten. Zwei, drei Dinge zogen ihn fort aus dem Bühnenlicht. Hier und da meinte er, den Bodenkontakt zu verlieren, ohne den keine neuen Geschichten mehr entstehen können. Mehr noch drängten sich echte, gesundheitliche Probleme zwischen ihn und seinen klaren Blick auf die Dinge. Über den unerlässlichen Moment der Erholung legten sich bei Springsteen Schatten von Depressionen und Erinnerungen. Schnell erkannte er sie wieder. Viele begleiteten ihn seit seiner Kindheit, trugen die Handschrift seines Vaters, oder die Namen anderer Familienmitglieder. Diese Dinge wischt auch keine neue Romanze fort, wie Faye Romano (Odessa Young) bald feststellt. Trotzdem halten sie und Springsteens Manager Jon Landau (Jeremy Strong) ihm den Rücken frei. Gerade weil Landau zehn Jahre zuvor die prophetischen Zeilen schrieb: „I saw rock and roll future, and its name is Bruce Springsteen”, vertraut er dem Mann, der sich zurückzieht, der den Block fortlegt, auf dem er bereits arbeitet an „Born in the U.S.A.“. Um sich einem Dutzend Liedern zuzuwenden, in denen die Rede sein wird vom Tod von insgesamt dreizehn Menschen, plus eines Hundes. Weil er es beachtlich findet, wie die Leute am Abend eines jeden Tages einen Grund finden, an irgendetwas zu glauben. Allein nimmt er mit vier Tonspuren das ziemlich unperfekte Album „Nebraska“ auf. Für einen der ehrlichsten Musiker dieses Planeten musste es sich nicht perfekt anfühlen. Dass es sich richtig anfühlte, genügte ihm. Und hier fällt mir ein, was ich als nächstes auf der Leinwand sehen möchte; den Keller eines pinkfarbenen Hauses in den West Saugerties.
alpa kino
Buch: Scott Cooper, Warren Zanes
Regie: Scott Cooper
Darsteller: Jeremy Allen White, Jeremy Strong, Paul Walter Hauser, Stephen Graham, Odessa Young, Gaby Hoffman, Marc Maron, David Krumholtz
Kamera: Masanobu Takayanagi
Produktion: Scott Aversano, Scott Cooper, Ellen Goldsmith-Vein, Tracey Landon, Eric Robinson, Scott Stuber, Warren Zanes
Bundesstart: 23.10.2025
Start in Dresden: 23.10.2025