31. August 2020

Alles andere ist, ausprobieren!

Zentralkino – neues Kino mitten in Dresden
Alles andere ist, ausprobieren!

Hochsommer. Wir treffen uns im neuen Zentralkino im Kraftwerk Mitte. Hier wurde bis Anfang der 90-er Jahre der Strom für Dresden erzeugt und verteilt. Viel Dreck lag buchstäblich in der Luft. Alles basierte auf Kohle, mitten in Dresden, unvorstellbar heute. Die Gebäudesubstanz aber wirkt heute sehr wohltuend, nicht nur für das Auge und ist anziehend. Mitten in diesem Ensemble aus Theaterneubau und alter Industriearchitektur entstand ein modernes Kino, in dem sich jeder sofort wohlfühlen wird. 

Eine wahre Oase erwartet den Gast im Gelände. Ein Teil des Gebäudes ist gastronomische Einrichtung mit großer, sehr grüner Freifläche geworden, der andere Teil das wunderbare Kino. Der erste Eindruck ist sehr positiv – Klinkerbau und moderne schlichte Inneneinrichtung, scheinbar einfach aber wirkungsvoll umgesetzt. Ein sehr gemütlicher, barähnlicher Vorraum und zwei Säle begrüßen die Zuschauer mit ihrem einnehmenden Charme. Hier treffen wir Bernhard Reuther, der Betreiber des neuen Kinos. Sehr offen und herzlich führt er durch die neuen Räume und zeigt alle Details dieses kleinen Wunders.

Im Gespräch erzählt er über die Geschichte des Neubaus mitten in diesen ungewöhnlichen Zeiten.


1. Wie kam es zu dem Neubau und woher nimmst du den Mut für so einen Schritt in diesen Zeiten?

Etwa vor vier Jahren kam es zum Kontakt mit der DREWAG, dem Eigentümer des Geländes. Sie suchten für ein mögliches Kino einen Betreiber. Für mich war es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Das ehemalige Sozialgebäude des Kraftwerks Mitte war aber nur eine der Optionen. Ich hätte auch im Keller der alten Schaltzentrale ein Kino mit fünf Sälen ausbauen können. Aber der Keller ist nicht die beste Ort für Kino. So entschloss ich mich, das Kino mit zwei Sälen im alten Sozialgebäude zu bauen.

Dann dauerte es vier Jahre bis zur Fertigstellung, es gab viel Aufregung und ungeplante Abläufe. Dieses Jahr mit seinem Virus brachte zusätzlich einiges durcheinander. Doch nun bin ich froh, alles geschafft zu haben und Ende August das Kino eröffnen zu können. Das KID wurde am 18. März kurzfristig und quasi über Nacht für immer geschlossen.

 

2. Was war das Besondere an der Planung und dem Bau?

Entstanden sind ein großer Kinosaal mit 97 und ein kleiner mit 37 Plätzen, ausgerüstet mit modernster Projektions- und Tonanlage und einem sehr angenehmen Vorraum mit Tresen. Auf das einladende Foyer bin ich besonders stolz.

Dazu gibt es eine Sprinkleranlage sowie Fluchttreppe auf der anderen Seite des Hauses für den Brandschutz. 

Für mich als Betreiber des KID ist es wie Luxus, jahrelang mussten wir ohne Aufzug arbeiten, alles musste in den 4. Stock getragen werden. Allein die Filme waren vor 8 Jahren noch um die 50 kg schwer und wir mussten mit den mit dem Dachgeschoss einhergehenden Einschränkungen, kalt im Winter, heiß im Sommer, leben. Daher ist es für mich persönlich jetzt eine völlig neue und sehr komfortable Situation.

Die Inneneinrichtung des Kinos musste ich finanzieren, der Umfang betrug ca. 300.000 Euro, den Rohbau hat die DREWAG realisiert und wird durch die laufende Miete gedeckt. Insgesamt ist das neue Kino nur 100 qm größer als das KID. Aber es macht viel mehr her. Und für mich ganz wichtig, nun sind wir barrierefrei und können jederzeit Rollstuhlfahrer empfangen.  

 

3. Welche programmatischen Schwerpunkte wird es geben, was gibt es Neues im Vergleich zum KID?

Ich bin sehr gespannt, wie Kino hier im Zentrum funktionieren wird. Wie sind die Friedrichstädter drauf? Mögen sie z. B. Originalversionen? Es ergeben sich allein durch die Nachbarschaft zahlreiche neue Möglichkeiten für Kooperationen und zwei Säle eröffnen ganz andere Optionen. Mal sehen, ob hier asiatisches Kino besser funktionieren wird oder doch eher klassisches Arthouse? Oder werden französische Komödien besser angenommen? Ich lass mich da überraschen und werde jede Menge ausprobieren.

Auf alle Fälle wird ein neuer Schwerpunkt das Kinder- und Jugendkino sein. Hier sind die Voraussetzungen sehr gut. Fortsetzen werde ich natürlich auch den Fokus auf queeres Kino. So eröffnen wir im September mit dem Queerfilmfest. Dazu die monatliche Queerfilmnacht und das Junge Europäische Kino.

Die Voraussetzungen sind super. Es gibt ganz viele Fahrradstellplätze, die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel ist bestens und auch für PKWs gibt es einen separaten Parkplatz.

Kinotag wird der Dienstag sein, die Preise werden sich zwischen 9 Euro und 7,50 Euro ermäßigt bewegen. Unser Programm gibt es im Internet und auch im aktuellen Flyer der Kinokooperative.

 

6. Wie ist Deine Einschätzung der aktuellen Situation und welche Perspektiven siehst du für das Kino?

Da kann wohl heute niemand eine verbindliche Einschätzung treffen. Klar sind die Rahmenbedingungen aktuell nicht ideal. Mir ist es aber wichtig, dass es jetzt endlich losgeht, die lange Zeit des Bauens und Wartens vorbei ist. Endlich wieder Programm machen, die Gäste begrüßen, die Emotionen im Kino und anschließend im Gespräch mit den Kinogästen spüren. Darauf freu ich mich. 

Auch habe ich eine wirtschaftliche Verantwortung, das investierte, teils geliehene Geld muss erwirtschaftet werden. Das ist sozusagen der ernsthafte Hintergrund für meinen so spannenden und schönen Neuanfang!

 

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit dem Zentralkino.

http://www.zentralkino.de