Der blinde Fleck - Täter. Attentäter. Einzeltäter?
An einem Septemberabend vor 33 Jahren explodierten auf dem Münchner Oktoberfest knapp 1,5 Kilogramm TNT und zerrissen mehrere dutzend Menschen, 13 starben, 211 wurden verletzt, 68 davon schwer. Über 100 Beamte sammelten mehr als 500 Beweisstücke vom Tatort ein, befragten 1800 Zeugen, schrieben unzählige Akten. Dabei ignorierten sowohl die bayrischen Ermittler als auch der Generalbundesanwalt bald schon jegliche Aussage und jede Spur, die vom verwirrten Einzeltäter Gundolf Köhler wegführen und auf einen rechtsterroristischen Zusammenhang hindeuten könnte. Aus Gewohnheit? Oder bloß, weil Franz Josef Strauß und die CSU das im Bundeswahlkampf so wollten? Zwei Jahre nach der Tat gilt das schwerste Gewaltverbrechen an deutschen Bürgern als gelöst, und von offizieller Seite will sich niemand mehr den Widersprüchen und offenen Fragen stellen. Zu dieser Zeit soll der Hörfunk-Reporter Ulrich Chaussy einen 2-Minuten-Beitrag machen. Reine Routine. Ein bisschen O-Ton über die ewige Kritik und die Zweifel, welche einige unverbesserliche Überlebende bzw. Hinterbliebene gemeinsam mit ihrem Anwalt Werner Dietrich ohne Unterlass äußern. Wohin sich Chaussy auch wendet, eröffnen sich neue Fragen, findet er kaum passende Antworten und nirgendwo so etwas wie kriminalistischen Aufklärungswillen. Im Gegenteil. Eine heimliche Quelle aus der Politik verschafft ihm Zugang zu ein paar Seiten Ermittlungsakten und entfacht in Chaussy ein investigatives Feuer. Welches bis heute anhält… Der bayrische Innenminister Herrmann hatte im Juni 2013 natürlich keine Ahnung davon, dass in seinem Keller noch 878 Spuren-Akten liegen, in die Anwalt Dietrich und Journalist Chaussy seit dreißig Jahren Einsicht zu nehmen versuchen. Ihre Existenz wurde sogar jahrelang geleugnet. So gesehen ist es ein großes Glück, dass sich Regisseur Daniel Harrich und Ulrich Chaussy die Mühe gemacht und einen Kinofilm gedreht haben. Ihr Thema: der blinde Fleck im rechten Auge der Ermittlungsbehörden. Beide begrüßen die Entwicklung, die „so ein depperter Film“ bereits jetzt angerichtet hat.
alpa kino
Buch: Daniel Harrich, Ulrich Chaussy
Regie: Daniel Harrich
Darsteller: Benno Fürmann, Heiner Lauterbach, Nicolette Krebitz, August Zirner, Jörg Hartmann, Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl
Kamera: Walter Harrich
Musik: Ian Honeyman
Produktion: diwafilm, BR, SWR, Arte, Daniel Harrich, Danuta Harrich-Zandberg
Bundesstart: 23.01.2014
Start in Dresden: 23.01.2014
FSK: ab 12 Jahren