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Schwestern

Drama/Komödie, Deutschland/Schweiz 2012, 85 min

Hektische Anreise, Familienmitglieder in Autos, Kindern quengeln, Eltern streiten - man ist auf dem Weg in die Kirche. Doch nicht etwa zu einer Hochzeit oder einer Taufe. Nein, die Familie fährt zur Zeremonie der „Einkleidung“ - die erwachsene Tochter Kati hat sich entschlossen, ins Kloster zu gehen. Weder Eltern noch Geschwister können den Schritt verstehen, die Familie hatte bisher keinen Bezug zu Glauben oder Kirche. Man rätselt, was in der Familie schief gegangen ist und ob es nicht auch eine Therapie getan hätte. Durch eine Unterbrechung des Gottesdienstes hat die kleine Gesellschaft Gelegenheit, auf einer Wiese in der Nähe des Klosters bei einem Picknick über sich und das Leben nachzudenken. Katis Schwester Saskia (Maria Schrader) lebt in einem ständigen Provisorium, an dem sie verzweifelt. Sie ist nach London gezogen, kann singen und malen, aber sie hat „keinen Beruf, keinen Mann, nicht mal einen Hund“. Die beruflich erfolgreiche Mutter Usch (Ursula Werner) kann weder die überraschende Entscheidung der einen Tochter noch die vermeintliche Unentschiedenheit der anderen verstehen. Onkel Rolle (Jesper Christensen) will seinem Neffen Dirk (Felix Knopp) finanziell unter die Arme greifen - aber nur, wenn der mit seinem Verlag für ausgefallene Literatur aus vergangenen Zeiten auf Kochbücher umstellt.
Der Film von Anne Wild ist wie eine Versuchsanordnung. Die verschiedenen Charaktere einer Familie bekommen unverhofft Gelegenheit, ihre Konflikte zu bearbeiten. Saskia streitet mit der Mutter und spricht sich mit dem Bruder aus, bevor sie heimlich im Kloster nach ihrer Schwester sucht. Dirk wird sich über seinen Verlag klarer und selbst die kleine Marie im Bienenkostüm hat eine Art Erleuchtung.
Mit Kati, der zukünftigen Nonne, hat das alles recht wenig zu tun, sie fungiert als Katalysator. Sie taucht kaum auf und ist zudem noch in der Schweigezeit. Mit ihrem milden Lächeln wirkt sie auf alle ganz entspannend und klärend. Durch die Gespräche, Erkenntnisse und Reflexionen darüber, warum sie so sind, wie sie sind, und woran sie glauben, finden alle Protagonisten ihren Frieden und gehen mit neuen Erkenntnissen zur Kirche zurück. Für einige mag das absehbar sein, einige werden sich an den vielen bedeutungsschweren Symbolen und Metaphern stören, unterhaltsam sind die Auseinandersetzungen dieser bunten Familie dennoch - und das liegt nicht nur an den guten Darstellerinnen und Darstellern.
Petra Wille