The Legend of Kaspar Hauser

Drama, Italien 2012, 95 min

Das Meer spuckt einem hilflosen Ordnungshüter den vermeintlichen Erlöser direkt vor die Füße. Vincent Gallo in Gestalt des Sheriffs nimmt das androgyne Bürschlein erstmal in Verwahrung. Sonst erregt der wild zuckende Kaspar-Hauser-Leib noch zu großes Aufsehen. Im Outfit eines abgestürzten Rave-Raumschiff-Reisenden trägt Performance-Actrice Silvia Calderoni den Namen des angeblichen Prinzen über die schmale Brust tätowiert und scheint all ihre Kraft aus einem Paar gewaltiger Kopfhörer zu saugen. Wilde Electro-Beats des französischen Rave-Acts Vitalic tönen durchs gleißende Sonnenlicht. Die kleine Gemeinde aus Hure, Pusher, Gräfin und Priester versammelt sich nacheinander, um dem Findelkind seine Aufwartung zu machen. König zu sein bedeutet dem Bürschlein wenig, solange Bässe wummern und Synthesizer flimmern, will Hauser einfach nur tanzen. Der Priester begrüßt den Heiland, die Gräfin fürchtet Verrat, die Hure macht ihre Offerte und der Pusher, nochmal Gallo als bad twin des Gesetzeshüters, versorgt alle Anwesenden mit reichlich Stoff. Gemeinsam rätseln sie, wie sie Hausers Tanzbedürfnis zu Geld machen könnten und finden sich immer aufs Neue wieder in den skurrilsten Dorf-Dadaismen. Welchen synthetischen Bildbeschleunigern die Ideen von Regisseur Davide Manuli und Doppelprotagonist Vincent Gallo zu solch aberwitzigen Szenen wie Beerdigungs-Rave oder UFO-Tanz letztlich entstammen, bleibt bunte Spekulation, das 95-minütige, religiös-ekstatische Electro-Spektakel versetzt Cineasten aber definitiv in Ver-Zuckung.
Rollo Tomasi