Inside Llewyn Davis

Drama, USA 2013, 105 min

Liebe Freunde der gepflegten Lichtspielunterhaltung. Eigentlich könnte ich mir diese Zeilen sparen, da es dem Export von Strigiformes in die griechische Hauptstadt gleich käme. Oder weshalb sollte man einen Film der epochalen Coen-Brüder besprechen wollen? Solch ein Film ist immer erstklassige Kinokunst, über jeglichen Zweifel erhaben, fertig, keine Diskussion, Ende, wenn da nicht Herr Krabbe wäre, der ningelnd mit flehend verzerrten Gesichtsmuskeln am Personalkompeter sitzt und mich jeden Monat mit samtener Stimme und Aufbringung hoher finanziellen Aufwendungen überredet. Wir befinden uns im Jahre 1961, zwei Jahre vor meiner Zeugung, und begeben uns auf das weite Feld der Folkmusik und es brummt im Gebälk der Auferstehung. Llewyn Davis (Oscar Isaac) ist auch ein Folkmusiker. So sehr er sich aber auch mit kleinen popligen Gigs durch die vermulmte Clublandschaft des Landes klampft und liedelt, er bekommt einfach keinen Fuß in die Tür des Erfolges, den erst ein Jahr später Musiker - I N N E N wie Joan Baez oder Bob Dylan einheimsen und den amerikanischen Folk in die Welt tragen werden. Nun ist Llewyn kein so schlechter Musiker, nur fehlt ihm etwas das UHU an seinen Lippen, um auch als charismatische Persönlichkeit das durch was auch immer geneigte Publikum in seinen Bann ziehen zu können. Doch dann passiert das, wofür die beiden Brüder Ethan und Joel Coen geradezu spezialisiert sind, die Filmhandlung on the Road (again). Grund für die Reise ist ein Vorträllern in einem angesagten Club Chicagos. Bereits auf der Hinfahrt im amerikanischen Personenkraftwagen kann ein als drogensüchtiger Jazzmusiker agierender John Goodman auf ganzer Linie überzeugen. Da es bei den Coens nicht um arschglatte Gewinner und skrotalrasierte Sunnyboys der Gesellschaft geht, scheitert natürlich unser misanthropischer und saitenzupfender Held auf ganzer Linie. Ein vor allem großartig spielender Oscar Isaac, von dem man allein schon durch das Lesen seines Vornamens den Besitz des gleichnamigen Kollegen aus 3,85 kg schwerem aus Britanniametall unweigerlich annimmt. Aber auch schon wie in »O Brother, Where Art Thou?« versteht es das Brüderpaar aufs Feinste, auch musikalisch zu unterhalten. »Inside Llewyn Davis« ist wieder mal ein „Fellinis Faces“ in bewegten Bildern. Ein Parkour der Außenseiter. Tja, so war das damals. Im Dresden der 80er gab es z.B. nur Bands, die aus zutiefst inneren Drang Musik machten. Man musste das schon wollen, um sich scheiß teures Equipment zu kaufen. Heute kann sich jeder eine Klampfe kaufen oder ein halbwegs anständiges Mikro, wenn er gerade mal Bock hat und glaubt, eine hippe Band gründen zu müssen, die keinen interessiert und die schon tausendfach vor ihm gehört wurde. Und so lausche ich ungefähr einmal im Jahr unfreiwillig denen, die in ihren Proberäumen verzweifelt gegen das Vergessen dudeln. Knick knack, wie mein Freund Horst Schneider aus Hamburg sagen würde.
Ray van Zeschau