Der Tag wird kommen

Komödie, Frankreich 2012, 96 min

Was Neues aus dem Hause Kervern & Delépine! Nach »Louise Hires a Contract Killer« und »Mammuth« ist »Der Tag wird kommen« wieder ein Film, dem man das Label „Sozialkomödie“ aufkleben könnte. Damit würde man jedoch - wie schon bei den Vorgängern - nicht ansatzweise erfassen, um welche Art von Film es sich hier handelt. Das französische Regie-Duo ist nämlich mal wieder in Bestform, was anarchischen schwarzen Humor und absurde Situationen angeht.
Mutti hat Geburtstag: Mit ihren beiden erwachsenen Söhnen und dem Gatten wird im familieneigenen Kartoffel-Restaurant gefeiert. Es ist wie immer: Benoit (Benoit Poelvoorde) besteht darauf, N.O.T genannt zu werden - das hat er sich sogar auf die Stirn tätowiert. Er hält sich für „den ältesten Punk mit Hund in Europa“. Sein spießiger Bruder Jean-Pierre (Albert Dupontel) monologisiert über Fernsehtechnologie. Die beiden sind denkbar unterschiedlich, Jean-Pierre arbeitet im Bettenladen gleich nebenan. Nach seiner Kündigung und einem amokartigen Ausfall von Jean-Pierre tun sich die Brüder aber zusammen, um gemeinsam durch die Gegend zu ziehen, zu schnorren oder aus Spaß einfach mal nur geradeaus zu gehen - mitten durch die ordentlichen Vorgärten und über die Terrassen der spießigen Mitbürger.
Ein schöner Spaß und eine amüsante Konsumkritik. Der Punk im sauberen Einkaufsparadies sorgt für viele Szenen, in denen wunderbare Nebendarsteller mit absurder Situationskomik glänzen. Und wenn die beiden auf ihrer Landpartie einem Selbstmörder erklären, seine gewählte Art zu sterben sei nicht „Punk“, dann steckt da neben dem bösen Humor auch noch eine seltsame Form von Empathie drin. Natürlich wird im Zuge der Rebellion der beiden Männer im schon etwas fortgeschrittenen Alter einiges zerstört, doch die geplante große Umwälzung müssen die beiden mangels Teilnehmer abblasen. Kervern & Delépine sind klug genug, um sich nicht auf eine simple „Macht kaputt, was euch kaputt macht“-Botschaft einzulassen. Am Ende spielen die eigenwilligen Eltern eine überraschend wichtige Rolle, und besonders Brigitte Fontaine begeistert als Mutter, obwohl sie immer wieder „Ich bin nicht eure Mutter“ krakeelt. Eine schöne Moral von der Geschicht' findet sich im Presseheft: „Wenn schon die Gesellschaft nicht zu ändern ist, muss man wenigstens nicht jeden Mist mitmachen. We are not dead.“ Diese letzte Message findet sich im Film als Hollywood-Persiflage wieder, und wer dabei an „Punk is not dead“ denkt, liegt sicher auch nicht verkehrt.
Petra Wille