Oslo, 31. August

Drama, Norwegen 2011, 94 min

Mit seinem Drogenentzug ist Anders (Anders Danielsen Lie) eigentlich noch nicht ganz fertig, doch wegen eines anstehenden Vorstellungsgespräches darf er in die Stadt fahren. Zum ersten Mal seit Jahren kehrt er dahin zurück, wo er einmal der aufregendste Typ von allen war, wenn man den Worten seines Freundes Thomas Glauben schenken darf. Überhaupt führte er damals ein sehr beneidenswertes Leben, sein familiärer Hintergrund wahr wohlhabend und solide, dem smarten Journalisten Anders lag die Welt zu Füßen und an Freunden oder Frauen war kein Mangel. Irgendwann kam der Absturz. Verwunden hat er ihn auch nach Jahren kaum. Noch am Morgen seiner hier beschriebenen Rückkehr nach Oslo versucht er, ins Wasser zu gehen. Ob er dabei an jenen 'letzten noblen Akt' denkt, an jenes 'Zeichen des Anstandes', von dem Pierre Drieu La Rochelle einst schrieb, der Autor der Romanvorlage »Das Irrlicht«, sei dahingestellt. Der Film nimmt wenig vom Buch, das 1931 erschien, atmet mehr schon vom Geist der ersten Verfilmung durch Louis Malle aus dem Jahre 1963, orientiert sich aber vor allem sehr stark am heutigen Norwegen mit seiner ausgeprägten Mittelschicht.
Joachim Triers zweiter Spielfilm fragt mittels melancholisch stimmender Amateuraufnahmen aus dem vorigen Jahrhundert nach einem Oslo, welches es so nicht gibt. Anders trifft einen Tag lang Freunde und Bekannte, beobachtet Fremde und ist schier überwältigt von den mannigfaltigen Möglichkeiten und den ausgeschilderten Sackgassen. Er könnte es ihnen gleichtun und Beruf oder Familie erneut zu seinen Lebensinhalten machen, so wie es üblich ist. Alles auf Anfang (wie bei der ersten Zusammenarbeit zwischen Trier und Lie), Anders lernt sogar ein Mädchen kennen, und doch starrt er nur die Schlange an. Augenblicklich denkt er, mit etwas Geld in der Tasche, wieder an Heroin, Flucht oder Aufgabe.
alpa kino