Cheyenne - This Must Be the Place

Drama/Thriller, Italien/Frankreich/Irland 2011, 118 min

Sean Penn ist wieder da. Nicht dass er nach »Milk« und »The Tree of Life« richtig weg war, aber er ist wieder neu da, in einer Rolle, die man sich eigentlich gar nicht ausdenken kann und in der er zunächst wie verkleidet wirkt: Penn ist ein so genannter alternder Rockstar, der mal mit Mick Jagger sang („Tatsächlich hat Mick Jagger mit mir gesungen“), jetzt aber in einer depressiven Stimmung steckt, die ihn 30 Jahre älter aussehen lässt. Er bewegt sich auch eher wie ein 80-Jähriger, ist aber erst Mitte 40. Das Auffälligste aber ist sein Äußeres: toupierte, schwarze Haare, roter Lippenstift, Augen-Make-Up - ein Glamrocker eben. Dazu fistelt er immer mit kleiner, leiser, langsamer Stimme. Er klingt immer ironisch-lakonisch, dabei meint er es meist so, wie er es sagt. Seine pragmatische Frau (Frances McDormand) liebt ihn bedingungslos, gerade wegen seiner Macken („Deine Flugangst ist nicht dein einziges Problem“ - „Das stimmt.“ - „Deswegen hab ich mich in dich verliebt“).
Der ziemlich harte Plot des Films steht seltsamerweise nicht so sehr im Vordergrund des Film von Paolo Sorrentino (»Il Divo«) wie die Selbstfindung von Cheyenne. Auch wenn er seiner Frau gegenüber natürlich leugnet, dass es um ihn geht: „Ob ich mich selbst suche? Ich bin in New Mexico, nicht in Indien.“ Und dort ist er, weil er den Mann sucht, der seinen Vater im KZ peinigte. Seinen Vater hatte er seit 30 Jahre nicht gesehen, und als er nach langer Schiffsreise von Irland in die USA endlich ankommt, findet die Beerdigung statt. Der dann folgende Trip quer durchs Land wird von einer Kamera fotografiert, die zu schweben scheint. Sie umkreist Cheyenne und auch die Dinge und Menschen, die ihm begegnen, fährt nach oben oder zurück und ist trotzdem nicht aufdringlich.
Mit der Polit-Groteske »Il Divo« hat dieser neue Film von Sorrentino nicht allzu viel gemein. Es erstaunt, wie ernst man nach dem ersten Schock und Lacher Cheyenne nehmen kann. Man hört auf, Sean Penn in ihm zu sehen. Und nimmt teil an dieser Suche und der Frage, ob Cheyenne wirklich Rache nehmen will und was ihn eigentlich antreibt. Am Ende ist er zurück zu Hause und taucht wieder in dieser bizarren Siedlung auf, im Hintergrund ein gigantisches Stadion aus Glas und Stahl. Natürlich ist ihm der moderne Bau immer noch nicht näher als das kleine Arbeiterhäuschen, er ist immer noch aus der Zeit gefallen, aber er ist geschmeidiger geworden. Da wir das im Verlauf des Films längst verstanden haben, ist der letzte Blick auf ihn fast ein bisschen bedauerlich plakativ.
Petra Wille
Petra Wille