Arschkalt

Komödie, Deutschland 2011, 90 min

Es gibt Filmemacher, die können Stimmungen einfangen, andere haben ein Talent für Spannung und Suspense. André Erkau kann meisterhaft Dialoge inszenieren. Das hat er schon in seinem Debüt »Selbstgespräche« bewiesen, einem Episodenfilm über ein paar Leute in einem Callcenter.
Nun kommt er mit der Ankündigung, der Sommer werde »Arschkalt«. Der Arbeitsplatz, um den es diesmal geht, ist ein Kühlhaus, da sind auch im Sommer die Temperaturen eher frisch. Viel entscheidender für den Fortgang der Komödie ist allerdings, dass sich die emotionale Temperierung des Hauptdarstellers auf Tiefstniveau befindet: Rainer Berg (Herbert Knaup) ist ein Misanthrop. Er hat die Firma seines Vaters ruiniert und fährt nun das gefrorene Gut einer Tiefkühlkette durch die norddeutsche Provinz. Seine Kollegen gehen ihm möglichst aus dem Weg. Nur der naiv-joviale Tobias Moerer freut sich, als Bergs Beifahrer eingeteilt zu werden; Er selbst wird von den Kollegen gemieden, weil meistens etwas zu Bruch geht, wenn er in der Nähe ist. Gespielt wird Moerer von Johannes Allmayer, dem zwangsneurotischen Zimmergenossen Alexander aus »Vincent will Meer«. Die beiden bilden nun ein unfreiwilliges Team, was der neuen holländischen Chefin zu verdanken ist, auch sie ist nicht beliebt bei der Belegschaft. Sie hat ein Problem mit den zu niedrigen Verkaufszahlen und vor allem mit der Unterbrechung der Kühlkette bei einer großen Menge Fisch, die zu allem Überfluss auch noch verschwunden ist. Berg hingegen hat das Problem, seinem Vaters das exklusive Altersheim finanzieren zu müssen, während er ihm die Wahrheit über die Insolvenz des Familienbetriebs verheimlicht.
Also schwingt er sich mit Moerer ins Auto und versucht, gute Zahlen zu machen - was mit dem eloquenten und freundlichen Moerer tatsächlich funktioniert. Trotzdem ist das Zusammenarbeiten für Berg eine Qual, stellt doch der forsche Kollege Fragen wie „Wie hat man sich eigentlich so ne Kühlkette vorzustellen? Mehr wie ne Kette, oder mehr wie'n Schlauch?“
Das macht den Charme dieses Films aus: Dialoge auf den Punkt und ein so flockiges Miteinander der Figuren, dass man von Beginn an amüsiert zuschaut. Und dass Komödien mitnichten leicht zu machen sind, ist ja bekannt - zumal im deutschen Film richtig gute Komödien ohnehin rar sind. Aber André Erkau macht alles richtig. In Interviews erzählt er von langen und sorgfältigen Vorbereitungen, und das sieht man dem Film an: Er trifft die Atmosphäre der norddeutschen Landschaft und ihrer lakonischen Bewohner auf den Punkt. Die verletzten und verletzlichen Figuren lässt er gekonnt agieren, ohne oberflächlich zu sein. Die kleine Gefrierlehre, die immer wieder im Film eingestreut ist, lehrt schließlich die Moral von der Geschichte: „Es gibt Dinge, die kann man nicht einfrieren.“
Petra Wille
Petra Wille

Buch: André Erkau

Regie: André Erkau

Darsteller: Herbert Knaup, Johannes Allmayer, Elke Winkens, Peter Franke, Thorsten Merten

Kamera: Dirk Morgenstern

Musik: Dürbeck & Dohmen

Bundesstart: 21.07.2011

Start in Dresden: 21.07.2011

FSK: ab 6 Jahren