Belgrad Radio Taxi

Komödie/Drama, Serbien/Deutschland 2010, 103 min

Es regnet in Belgrad und die Brücke ist mal wieder total verstopft. So weit, so gewöhnlich. Die Frau, die völlig durchnässt in das Taxi von Gavrilo einsteigt, ist außer einem großen Nasenpflaster auch nicht weiter auffällig. Doch plötzlich steigt sie aus und springt von der Brücke. Gavrilo ist entsetzt, genervt, hat keine Lust auf die Polizei und jetzt auch noch ein Baby am Hals - denn das hat die junge Frau einfach zurückgelassen. Er kümmert sich so gut er kann um den bald schreienden Säugling, denn ihn einfach anonym weggeben bringt er auch nicht übers Herz. Die verletzte Mutter findet er bald darauf in einem Krankenhaus - im Koma.
Zwei andere Frauen haben sich durch den Brücken-Vorfall kennen gelernt: die Lehrerin Anica (Anica Dobra), der ein Schüler nachstellt, und die Apothekerin Biljana, die gerade ihren Freund in die Wüste geschickt hat. Beide wurden vom Leben nicht zimperlich behandelt: Biljana verlor einst ihren Geliebten. Nun entwickelt sich eine fatale Anziehung zu dessen Bruder, einem Priester. Der wiederum hat eine schwangere Frau…
Ein, zwei Episoden weniger hätten dem Film vermutlich eher genutzt als geschadet, hier kommt wirklich viel zusammen. Aber der typisch balkanische Humor ist vorhanden, der auch tragischen Geschichten Leichtigkeit verleiht, zum Beispiel am Krankenbett über die Kindsmutter: „Sie ist nicht ansprechbar, und das Baby hat gekackt!“. Die diversen Verstrickungen werden letztlich mit Pragmatismus und Herz gelöst. Und wie so oft gibt es Vorgeschichten, die im Krieg passierten. Der brummige Gavrilo ist Bosnienflüchtling, Biljanas Freund starb, als er versuchte dem Armeedienst zu entkommen. Auch Waffen, die irgendwie übrig geblieben sind und nun wieder - natürlich zu Unzeiten - zum Einsatz kommen, gehören dazu. Dieser Teil der jüngeren Geschichte wird die Menschen noch lange beschäftigen - auch in dieser Tragikomödie wird das sehr deutlich.
Wer sich fragt, was der Titel zu bedeuten hat: Ein Radiosender steht kurz vor dem Aus und sendet fröhlich noch die alten serbischen Schlager, die in den Autos, in denen die Geschichten spielen, dudeln. Der Originaltitel „Die Frau mit der gebrochenen Nase“ wäre aber eigentlich auch mal ein schöner Filmtitel gewesen.
Petra Wille
Petra Wille