Im Himmel, Unter der Erde

Dokumentation, Deutschland 2010, 95 min

Totenstill ist es nicht. Die Vögel singen hier das ganze Jahr. Mit etwas Glück hört man sie sogar im Winter. Die Bäume rauschen und der Wind raschelt zwischen den Steinen. Der ganze Ort scheint erfüllt von Stimmen, als wolle die Stätte selbst ihre Geschichten zuflüstern. Die Anlage, die Regisseurin Britta Wauer in ihrem Dokumentarfilm erkundet, ist eine historische. Von der UNESCO soll sie in wenigen Jahren in das Weltkulturerbe aufgenommen werden. Der Jüdische Friedhof Weißensee, Handlungsmittelpunkt und Herz von »Im Himmel, Unter der Erde«, liegt frei zugänglich im Osten Berlins. Besonnenheit, Lebensbejahung und sanfte Melancholie eröffnen der lyrischen Reportage eine neue Sichtweise auf diesen faszinierenden Ort. Weder der Friedhof noch sein Archiv sind je zerstört worden - erhalten blieb ein Paradies für Geschichten-Sammler.
Gegenwart und Vergangenheit stehen dabei im lebhaften Dialog. Ihren regen Austausch beobachtet die Kamera in der Neugier der Touristengruppen und Schulklassen, die auf den Alleen wandern, dem Rabbiner, der unverkrampft über die Unbegreiflichkeit des Todes philosophiert und den Spaziergängern, die allein wegen der Atmosphäre herkommen. Raubvogel-Ornithologen führen Bestandszählungen durch, ein junge Familie hat sich in ein leerstehendes Haus eingemietet und genießt den Luxus des Wohnens im Biotop mitten in der Großstadt, und dem zum Friedhof abgestellten Streifenpolizisten ist sein Arbeitsplatz sichtlich sympathisch. Etwas Märchenhaftes wohnt dem Gelände inne, dessen schattendunkle Wege und zugewachsene Pfade an einen verwunschenen Garten erinnern.
Das bestechend schlichte und berührende Werk der mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Dokumentarfilmerin gehört dem Leben, nicht dem Tod. Mit spielerischer, leichter Hand breitet Britta Wauer die erzählerischen Perlen heiterer und tragischer Geschichten vor dem Zuschauer aus. Der Tod lächelt auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee. Die Besucher lächeln zurück.

Buch: Britta Wauer

Regie: Britta Wauer

Kamera: Kaspar Köpke

Musik: Karim Sebastian Elias

Produktion: Britzka Film, sabotage films, rbb, Saarländischer Rundfunk, Arte, Britta Wauer, Dagmar Mielke, Birgit Mehler, Hans-Günther Brüske

Bundesstart: 07.04.2011

Start in Dresden: 07.04.2011

FSK: ab 6 Jahren