Mitten im Sturm

Großes Kino braucht große Gefühle. Ein fast unermessliches Reservoir an tragischen und grausamen Geschichten bietet die Zeit des Terrors in der UdSSR der 30er bis 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. So verfilmt Marleen Gorris die für uns unglaubliche Geschichte der bekannten russischen Historikerin und Schriftstellerin Jewgenija Semjonowna Ginsburg (im Film zu Eugenia Ginzburg latinisiert) mit Emily Watson und Ulrich Tukur in den Hauptrollen. Basierend auf ihrer Autobiografie erzählt sie von ihrer Verhaftung, den grausamen Jahren in einem sibirischen Lager bis zu ihrer Rehabilitierung 1955. Ihr Hauptwerk konnte erst 1988 in der Sowjetunion offiziell publiziert werden.
In den Mittelpunkt ihrer Verfilmung stellt Marleen Gorris die Liebe zwischen Yevgenia und Anton, einem russlanddeutschen Lagerarzt. 1937 wird die privilegierte sowjetische Universitätsprofessorin Yevgenia Ginzburg (Emily Watson) aufgrund völlig absurder Anschuldigungen verhaftet und zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Mit Gedichten aus der von ihr über alles geschätzten russischen Literatur gelingt ihr der Kraftakt, dem Wahnsinn stalinistischer Willkür nicht nur selbst die Stirn zu bieten, sondern auch ihre Leidensgenossinnen im Lager zum Durchhalten zu inspirieren. Doch als Eugenia vom Tod ihres Sohnes erfährt, erlischt ihr Lebensmut. Erst die Liebe zu dem russlanddeutschen Lagerarzt Anton Walter (Ulrich Tukur) gibt ihr wider alle Vernunft neue Hoffnung: Er versteht es, trotz seines eigenen Schicksals den barbarischen Lebensbedingungen mit uneigennütziger Menschlichkeit zu begegnen. Selbst die strengsten Repressalien können nicht verhindern, dass die Beziehung der beiden allen Anfechtungen standhält.
Der Film berichtet von der Zeit eines barbarischen sowjetischen Kommunismus und zeigt zu Herzen gehend die Grausamkeiten des Systems. Eine Erinnerung für alle, jene Zeit nicht als glorreiche Epoche eines gewaltigen Aufbaus zu sehen, sondern als das, was es war, ein barbarische, menschenvernichtende Epoche.