Milk

Drama, USA 2008, 128 min

Jedes Biopic steht und fällt mit dessen Hauptdarsteller. Ausnahme-Regisseur Gus van Sant wusste das, doch konnte er sich relativ beruhigt zurücklehnen, als ihm Sean Penn das Jawort gab. Penn liefert erneut eine seiner atemberaubenden Hauptrollen ab. Er spielt einen Politiker und hängt die Latte für Biografieverfilmungen dabei wieder sehr weit nach oben. In beidem besitzt er sicher einige Übung. Allerdings muss er in dieser Rolle nicht nur glänzen, er muss sich outen. Denn dieser Typ war nicht einfach nur irgendein bemerkenswerter Liberaler, nach dem heute Schulen und Straßen benannt sind, über dessen Leben und Arbeit als Bürgerrechtler und Stadtrat von San Francisco heute eine Oper, Bücher und Dokumentarfilme existieren, Harvey Milk war vor allem der erste bekennende homosexuelle Politiker in Kalifornien. Und das zu einer Zeit, als sich die Homosexuellen und die Farbigen täglich untereinander ablösten als die meist gehasste Zielgruppe in Gottes eigenem Lande. Mitte der siebziger Jahre galten Toleranz und Akzeptanz allenfalls unter den Hippies als etwas Erstrebenswertes. Zu dieser Zeit wechselte der Unternehmer Harvey Milk in die Politik. Es stank ihm gewaltig, dass man Homosexuelle behandelte wie Verbrecher und kein Mensch in halbwegs angesehener Position sich traute, sich zu seinen privaten Neigungen zu bekennen. Ein wenig Hoffnung könnte nicht schaden, meinte er, zog eine enge Jeans an und marschierte auf die Straße. Heute ist sicher vieles anders, doch Veränderungen fallen nicht vom Himmel. Ausgerechnet mitten im Jubel über Obamas erfolgreiche Wahl zum Präsidenten stimmten die Einwohner Kaliforniens mehrheitlich für die Abschaffung des soeben erst in Kraft getretenen Rechtes auf gleichgeschlechtliche Ehe. Auch Harvey Milk wurde nicht über Nacht zum Kämpfer gegen tief sitzende Vorurteile, doch irgendwie haben ihn die Rückschläge nur immer mehr beflügelt. Elf Monate lang konnte er dann als Stadtrat aktiv für die Rechte der Einwohner von San Francisco streiten, bevor er und Bürgermeister Moscone von Stadtrat Dan White erschossen wurden.
W. Larsen