El baño del papa
Beto strampelt sich ab, buchstäblich jeden Tag, um für seine Familie das Nötigste zu besorgen. Er und ein paar Freunde radeln tagein tagaus 30 km über die brasilianische Grenze und versuchen von dem zu leben, was der Schmuggel eben so abwirft. ?Als die Medien vom bevorstehenden Papstbesuch berichten und dass er ausgerechnet hierher nach Melo kommen würde, macht plötzlich das Gerücht die Runde, es würden hunderte Pilger erwartet. Wenn nicht sogar tausende. Ach was, mindestens zehntausend Menschen kämen nach Melo, um den Papst zu begrüßen. Welch ein Segen für die kleine Stadt. Sofort werden Pläne geschmiedet, wie man auch etwas materielle Glückseligkeit von den fünfzigtausend Pilger-Seelen davontragen könnte. Zuerst wird geschlachtet, was man entbehren kann. Wer kein Viehzeug hat, verkauft einfach ein Stück Land und schafft sich einen Berg Wurst und Gemüse ran. Schließlich müssen die Leute ja was essen, pilgern macht hungrig. Was wird nicht alles gebacken und gegart in Melo, die ganze Stadt steht Kopf. Katzen und Hunde gibt es keine mehr. Der pfiffige Beto gibt sich aber nicht ab mit solchem Firlefanz wie Gedenkmünzen oder Papierfahnen, er investiert in die Zukunft und baut eine öffentliche Toilette. Mit einer Tür. Und davor setzt er seine Frau Carmen und seine Tochter Silvia. Wer weiß, wenn nur jeder zehnte Gast ein Bedürfnis zu verrichten hätte, wäre Beto im Handumdrehen ein gemachter Mann. Doch zunächst muss er das himmlische Örtchen erst einmal bauen und die Innenausstattung ranschaffen. Dazu braucht es Geld und Logistik. Beto geht sogar soweit, sich mit dem Zollaufseher auf ein paar Extra-Geschäfte einzulassen. Allerdings kostet ihn das den noch verbliebenen Respekt von seiner Tochter Silvia. ?Im letzten Moment muss er sich entscheiden. Diese göttliche Aufregung haben die beiden Regisseure Einrique Fernández und César Charlone 1988 in Melo selbst miterlebt, als Papst Johannes Paul II seinen Besuch ansagte. Noch heute erzählen sich die Leute in Melo mit einem lachenden und einem weinenden Auge die Geschichten, wie sie tagelang in der Hoffnung lebten, reich zu werden und all ihre Träume verwirklichen zu können.
W. Larsen
Buch: Enrique Fernández, César Charlone
Regie: Enrique Fernández, César Charlone
Darsteller: Virginia Méndez, Virginia Ruíz, Mario Silva, César Troncoso
Kamera: César Charlone
Musik: Gabriel Casacuberta, Luciano Supervielle
Bundesstart: 04.12.2008
Start in Dresden: 19.02.2009