Pans Labyrinth

Drama/Fantasy, Mexiko/Spanien/USA 2006, 119 min

Achtung! Es kommt nicht das, was ihr erwartet! So einen Film hat es noch nicht gegeben!
Ich beginne bewusst mit einer Parallele zu einem völlig anderen Film: »Stalker« (Andrej Tarkowski, UdSSR 1978). Als der 1981 in den ost- wie westdeutschen Kinos erschien, löste er beiderseits Verständnislosigkeit aus. Unzählige Kinobesucher fragten mich damals, wie ich denn den Film interpretieren würde und ich konnte dauernd nur sagen : „Weiß ich auch nicht!“ Aber ich konnte mit der Gegenfrage reagieren: „Wirst du diesen Film jemals vergessen?“ Ich glaube, wer ihn gesehen hat, wird ihn niemals vergessen.
Nach fast 30 Jahren erlebe ich einen Film mit ähnlicher Wirkung. Um Missverständnissen vorzubeugen, »Pan’s Labyrinth« hat nicht die Spur mit »Stalker« zu tun (oder vielleicht doch?), aber die Wirkung ist ähnlich. In der Voraufführung, die auch ich erlebe, verlässt das Publikum zu Hunderten völlig schockiert und kopfschüttelnd den Kinosaal. Es war ein Publikum von Kinobetreibern und die Kernfrage ist, wem und wie solle man diesen Film zeigen. Allgemeine Ratlosigkeit. Doch vergessen wird diesen Film garantiert niemand.
Wir hatten ein Fantasy-Märchen präsentiert bekommen. Angesiedelt ist es im spanischen Bürgerkrieg im Jahre 1944. Ein 11-jähriges Mädchen reist mit seiner Mutter zu ihrem Stiefvater in ein abgelegenes Dorf im Norden Spaniens. Dort ist dieser als Hauptmann der siegreichen Franco-Faschisten beauftragt, letzte Reste der versprengten Roten Brigaden zu liquidieren. Die Antipathie gegen ihren hartherzigen Stiefvater treibt die kleine Ofelia in eine Märchenwelt, in „Pan’s Labyrinth“, welches so freundlich auch nicht gerade ist. Doch je mehr sich beide Welten miteinander verweben, desto mehr wünscht man Ofelia die Flucht in die Märchenwelt, denn was in der wahren Welt passiert, ist der Horror pur. Es ist halt Krieg und abgesehen davon, dass die Ereignisse im damaligen Spanien historisch sehr realistisch dargestellt werden, werden auch die Auswüchse von Kriegen, Massaker und Folter so verdammt realistisch dargestellt, dass man Fantasy-Klassiker wie »Herr der Ringe« unter Kinderkram verbuchen kann.
Es geht um die Grausamkeiten dieser Welt und um den dennoch zu bewahrenden Glauben an das Gute (also genau um Tarkowskis Grundthema) und auch wenn es schwer zu ertragen ist, wünsche ich mir viele Besucher für diesen schaurig schönen Film, aber lasst die Kinder bitte zu Hause, selbst FSK 16 ist eigentlich noch zu wenig.
Da wir gerade beim Glauben sind - »Pan’s Labyrinth« ist für den Auslands-OSCAR nominiert, ebenso wie »Rang de Basanti« und »Nach der Hochzeit«. Ich bin nicht gläubig, aber ich bete dafür, dass »Pan’s Labyrinth« oder wenigstens einer der beiden anderen Filme den OSCAR gewinnt und nicht dieses mittelmäßige und unsägliche Lügenmärchen dieses arroganten Herren von Donnersmarck über »Das Leben der Anderen«, welches er zu kennen glaubt.
Frank Apel