Lost Children

Dokumentation, Deutschland 2005, 103 min

Es gibt eine Frage, die fatalerweise in jeglicher militärischen Ausbildung obligatorisch ist: Wie verhältst Du Dich, wenn der “Feind” auf Deine Mutter schießt? Hierzulande ist dieser Fall schon wieder und bis dato ein abstraktes Konstrukt, vor dem man sich mit einigem Witz noch drücken kann. In der Welt aber gibt es Kindersoldaten. Vokabel und Vorstellung sorgen wider besseres Wissen für Sprachlosigkeit. Es ist eine der afrikanischen Realitäten: Kinder werden entführt, bewaffnet, ihrem eigenen Sein entfremdet und so gezwungen zu kämpfen. Manchmal dann auch ihre eigenen Familienangehörigen zu töten.
Allein im Norden Ugandas haben zwanzigtausend Kinder dieses Schicksal. Um diesen Mädchen und Jungen einen Weg zurück in ein relativ normales Leben zu ermöglichen, finanziert Caritas International seit einigen Jahren ein Auffangzentrum. Dort also, mitten im Bürgerkriegsgebiet, bemühen sich Sozialarbeiter um die Reintegration von Kindern, denen die Flucht aus den Lagern der „Rebellen“ gelungen ist, zurück in ihre Stammesgesellschaften.
Da ist z.B. die 14-jährige Jennifer. Sie gehörte fünf Jahre lang zu den Rebellen. In ihren Albträumen erscheinen ihr nachts die Menschen, die sie umgebracht hat. Mit 11 bekam sie eine Waffe in die Hand, dann wurde sie von einem der selbsternannten Kommandanten vergewaltigt.
Ein 13-jähriger Junge konnte ein Jahr nach seiner Zwangsrekrutierung fliehen. Er ist traumatisiert, vom Anblick eines noch jüngeren Kindes, dessen Mutter er erstochen hat. Er betet jeden Tag um Vergebung. Aber nicht einmal seine eigenen Großeltern wollen ihn ermutigen, geschweige denn wieder bei sich aufnehmen. Ihre Angst ist zu groß.
Dieser Film von Ali Samadi Ahadi und Oliver Stoltz zeigt das Leben von vier dieser Kinder, die die Filmemacher mehrere Monate lang auf einem nahezu unmöglichen Weg begleitet haben. Mit ruhiger, fast distanzierend wirkender Kamera dokumentieren sie mit ihrer starken Arbeit, was die Kinder erst wieder lernen müssen: Noch einmal Kind zu sein und als solches auch leben zu dürfen.
Der Film wurde bei den Internationalen Berliner Filmfestspielen im Februar 2005 uraufgeführt und Anfang April beim Chicago International Documentary Festival mit dem Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

Buch: Ali Samadi Ahadi, Oliver Stoltz

Regie: Ali Samadi Ahadi, Oliver Stoltz

Kamera: Maik Behres

Musik: Ali N. Askin

Produktion: Dreamer Joint Venture, WDR, arte, Oliver Stoltz, Dr. Sabine Rollberg

Bundesstart: 03.11.2005

Start in Dresden: 10.11.2005

FSK: ab 12 Jahren