Hallesche Kometen

Drama, Deutschland 2005, 83 min

Nach »SommerHundeSöhne« bringt der kleine Dresdner Zauberland Filmverleih jetzt einen Film in die deutschen Kinos, den man mit “WinterVäterSöhne“ ankündigen könnte. In gewissen Teilen Deutschlands hat der Winter Einzug gehalten. Ein paar »Hallesche Kometen« ziehen dabei ihre Leuchtspuren über den Nachthimmel am Stadtrand von Halle, der hier eher zufällig die Kulisse abgibt für den sozialen Rand der deutschen Nach-Wende-Gesellschaft. Der zwanzigjährige Ben zieht seine Bahn durch die halleschen Straßen und hinterlässt dabei eine bunte Spur aus Reiseprospekten. Er jobbt für ein Reisebüro und lebt in einer winzigen Stadtrand-Platte zusammen mit seinem Vater Karl. Durch den Tod von Bens Mutter verlor Karl den letzten Halt im Leben. Den Job als Polier ist er seit der Wende los und mit den Jahren verlor er mehr und mehr den Boden unter den Füßen. Bens Schwierigkeiten wachsen von Tag zu Tag, es fällt ihm immer schwerer, den Vater-Sohn-Haushalt zu versorgen. In erster Linie mangelt es -wie sollte es anders sein- natürlich an Geld zum Leben. Hier wüsste Ben eventuell noch Auswege zu finden. Schwieriger scheint sich jedoch die Versorgung mit lebensspendender Energie zu gestalten, Ben muss unbedingt einen Weg finden, seinem Vater mit einer Portion Mut, Kraft oder Motivation gehörig in den Hintern zu treten. Davon sprechen aber weder Reiseprospekte noch der ALG-II Leitfaden. Ben dichtet selbstverfasste Reiseberichte auf ausländische Postkarten und verliebt sich in die lebenshungrige Jana. Bens Traum ins Ausland zu reisen steht für sie kurz vor der Verwirklichung, denn Jana geht für ein Au-Pair-Jahr in die USA. Ben muss sich endlich entscheiden.
So unbequem es dem Vergnügung suchenden Kinogänger auch erscheinen mag, es tut gut zu sehen, dass einige deutsche Filmemacher in der Gegenwart angekommen sind. Der Abschlussfilm der jungen Regisseurin Susanne Irina Zacharias traf beim diesjährigen Max Ophüls Festival in Saarbrücken sowohl auf den Preis des saarländischen Ministerpräsidenten wie auch auf Gleichgesinnte. »Das Lächeln der Tiefseefische« und »Netto« sprachen in Saarbrücken ebenfalls eine unmissverständliche Sprache, deren oberstes Ziel die Reflexion der bestehenden Verhältnisse ist. Sie fassen in Worte und Bilder, was sich hinter hundertseitigen Regierungserklärungen und den monatlich veröffentlichten Arbeitslosenzahlen verbirgt.
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