Sideways

Weinkenner formiert euch, hier ist eure Stunde!
Miles und Jack, zwei Typen mittleren Alters und alte College-Freunde, begeben sich auf die Reise, um Jacks Junggesellen-Abschied zu feiern. Eine Woche lang ziehen sie in Kalifornien nördlich von Santa Barbara ihre Bahn. Der blasierte Miles (Paul Giamatti - »American Splendor«) bildet sich ein, Schriftsteller zu sein, fristet sein Dasein jedoch in Wirklichkeit als depressiver Lehrer. Jack (Thomas Haden Church - »George - Der aus dem Dschungel kam«) ist Schauspieler, dessen Talent sich aber auch stark in Grenzen hält. Miles hat mit dem Thema Frauen abgeschlossen, was Jack völlig unverständlich erscheint und bis zum Zeitpunkt, da er ein deutliches Ja am Traualtar aussprechen soll, will er noch mal auf die Pauke hauen.
Miles ist leidenschaftlicher Weintrinker, dem sich Vollkommenheit noch bestenfalls in Form eines edlen Tropfens erschließt. Der unglücklich Geschiedene bringt einige Einwände gegen die Pläne seines Freundes vor, der allerdings Frauen und Partys leidenschaftlich zugetan ist. Anyway, das ungleiche Paar ist unterwegs um Golf zu spielen, in der Sonne zu liegen und um Wein zu trinken. Dort angekommen, begegnen ihnen zwei etwa gleichaltrige freundliche Provinzschönheiten. Zunächst könnte man meinen, Maya (Virginia Madsen - »Candymans Fluch«) und Stephanie (Sandra Oh, Paynes Frau - »Unter der Sonne der Toscana«) passen recht gut zu den Jungs. Der misstrauische Miles ist jedoch noch zu sehr in seinen Neurosen und den Verletzungen seiner zurückliegenden Beziehung gefangen. Nach einer Weile beginnt er vorsichtig, sich Maja zu nähern. Zu seiner Verwunderung stellt sich heraus, dass es sich bei der charmanten Kellnerin um eine exzellente Weinkennerin handelt. Der abgehalfterte Jack hingegen beginnt sofort eine wilde Affäre mit Stephanie, die ihn als hoffnungslosen Playboy entlarvt.
Die von den Männern in Santa Barbara geplante Woche Unbeschwertheit und Leichtigkeit will sich jedenfalls beim besten Willen nicht einstellen. Statt dessen werden sie unerwartet mit den Unberechenbarkeiten des Lebens konfrontiert. Als der Termin der Abreise heranrückt, wird allen Beteiligten klar, dass sie nicht in ihre eingefahrenen Bahnen zurückkehren werden.
Das hervorragend ausgesuchte Darstellerquartett zeigt den schrägen Vergnügungstrip erheiternd, bittersüß und schmerzlich. Ähnlich wie in seinen drei vorangegangenen großartigen Filmen: „About Schmidt“ mit Jack Nicholson, der Geschichte des plötzlich verwitweten Versicherungsangestellten, protokolliert Autor und Regisseur Alexander Payne auch in Sideways Freud und Leid des kleinen Mannes. Auch Matthew Bodericks verwirrter Lehrer, der gegen die junge Schülerin keine Chance hat (»Election« 1999) oder Laura Dern, die sich in »Citizen Ruth« plötzlich inmitten einer hitzigen Abtreibungsdebatte befindet.
Paynes provokante Filmarbeiten stellen die Absonderlichkeiten und die Moral der Mittelklasse-Amerikaner auf den Prüfstand. Er beobachtet sehr genau und zeigt feines Gespür für intelligenten Humor, wodurch ihm präzise gezeichnete Charakterisierungen gelingen. Wunderbarer 70er Jahre Retro-Look und schöner jazziger Soundtrack ! Sideways kommt übrigens zu Gute, dass er selbst bekennender Weinliebhaber ist. „Ich trank während der Arbeit an diesem Film Unmengen Wein“.