Tarnation

Dokumentation, USA 2003, 88 min

Im Süden der Vereinigten Staaten wird dieser Ausdruck benutzt, um mit Nachdruck das Leben zu verdammen. Regisseur Jonathan Caouette beschreibt mit »Tarnation« einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens, welcher in diesem Dokumentarfilm mittels Super-8-Filmmaterial, Anrufbeantworter-Nachrichten, alten Fotografien, Videobändern oder mittels einiger früher Kurzfilme aufgezeigt wird. Es geht um seine Kindheit/Jugend zusammen unter einem Dach mit seiner schizophrenen Mutter Renee Leblanc, sowie seinen Großeltern, die ihn quasi adoptierten, als seine Mutter sich nur noch in Krankenhäusern befand.
Jonathan Caouette zeigt uns Bilder aus neunzehn Jahren vor und hinter der Kamera, die er seit seinem 11. Lebensjahr ganz privat aufgenommen und zwischen 2001 und 2003 am Computer zusammengestellt hat. Womöglich haben wir es hier mit einem neuen Genre Film zu tun, dem Blog-Movie. Schon in Kürze wird jeder halbwegs mit Hard- und Software ausgestatteter Erdenbürger mit Zugang zum Netz seine ganze private “Tarnation” anbieten. Die Gefahr besteht einzig darin: Nicht jeder hat auch etwas zu erzählen (wer sich auf blog-sites rumtreibt, wird das bereits zur Genüge kennen). Im vorliegenden Fall gelingt es Jonathan Caouette, eine Reihe sehr intensiver Momente aus seinem Leben sichtbar zu machen. Dabei beeindruckt er mit einer visuellen Kraft, welche ungewöhnlich aber nicht wirklich neu ist. Seine Bildsprache, vergleichbar mit frühen Andy-Warhol-Filmen, entspringt dem Bedürfnis, seiner zerrütteten Familie einerseits zu entfliehen und ihr andererseits entgegenzutreten. Jedoch nicht um jeden Preis und nicht mit leeren Händen. Caouette wollte sein eigenes Leben für sich erfahrbar machen. Auf dem Umweg über uns. Wer das nicht möchte, sollte einen Schritt zur Seite treten, um »Tarnation« vorbeizulassen.