Die Nacht - La Notte

Drama, Italien/Frankreich 1961, 121 min

Giovanni Pontano ist als erfolgreicher Schriftsteller jener Prototyp des all-italienischen Frauenschwarms, dem die begehrenswertesten unter den femmes fatales zu Füßen liegen, noch dazu, wenn er vom frauenfressenden Marcello Mastroianni gegeben wird. Doch er agiert ein wenig unterkühlt, statt seine Frau Lidia (betörend: Jeanne Moreau) glücklich zu machen. Schlimmer noch (im Fall von Monica Vitti sei er jedoch entschuldigt) zieht er es vor, ein wenig der Industriellentochter Valentina nachzustellen… Michelangelo Antonioni war der Schwarz-Weiß-Fotograf unter den großen europäischen Regisseuren. Doch während man ihn mit Recht jenen Mann nennen kann, dem es immer wieder gelang, Momente von Tarkowski-hafter Schönheit oder Bergman-gleicher Tiefe zu erfinden, gebührt jener eingangs zitierte Ruhm eher Antonionis Kameramann Gianni di Venanzo. Venanzo gehört mit Stanley Cortez (Night Of The Hunter) oder Maurice McEndree (Faces) zu den unerreichten Stars der Kameraarbeit ohne Farben. In »La Notte« gibt es eine Szene, die genauso eindrucksvoll in Coens »The Man Who Wasn’t There« zitiert wird. Die Moreau in der Badewanne bittet Mastroianni um einen Schwamm. Er legt ihn ihr auf die Schulter. Als sie sich erhebt, zündet er ein Zigarillo an. Keiner seiner Blicke streift ihren nackten Körper. Erst als sie im Abendkleid das Bad verlässt, hält er kurz inne und fragt „Ist das neu?“. Auf ihre Bitte schließt er den Reißverschluss an ihrem Rücken. Doch als sie sich zu ihm umwendet, hat er bereits wieder seinen Drink an den Lippen.
Der schwarz-weiße Kreis schließt sich bei Xaver Schwarzenbergers Kameraarbeit zu »Die Sehnsucht der Veronika Voss«, denn er sollte schier daran verzweifeln, Gianni di Venanzos Klasse zu erreichen, wie der sie bei Antonioni und Fellini zu schwarz-weißen Filmikonen werden ließ.
alpa kino