Bellaria

Dokumentation, Deutschland/Österreich 2001, 100 min

“Auf Grund des hohen Alters bitten wir gegebenenfalls technische Mängel zu entschuldigen.“ steht auf dem Aushang neben dem Kassenhäuschen des Bellaria-Kinos in Wien. Entschuldigt werden soll hiermit der teilweise schlechte Zustand des in die Jahre gekommenen Filmmaterials. Denn im Bellaria laufen sie noch, die Filme, die in den 50er, 40er und 30er Jahren Premieren feierten. Im Bellaria sind sie unsterblich geblieben: Die Filmhelden wie Karl Schönbock, Johannes Heesters, Marika Rökk und Zarah Leander.
Der Vorführer des Bellarias, mittlerweile so um die achtzig Jahre alt, lugt verschmitzt mit einer Sicherheitsbrille auf der Nase durch die Projektionsluke und hält seinen Rücken mit täglichem Stretchingprogramm fit. Ein niedlicher alter Kauz. Doch wenn er zum Erzählen gebracht wird, dann überschlagen sich Macho-Sprüche und ebenso skurrile wie ultrakonservative Lobeshymnen auf die gute alte Zeit. So wie der über achtzigjährige Vorführer gehen viele Stammbesucher des Bellaria stramm auf ein Dinner-for-One-Geburtstagsalter zu - und auch sie sind nur zum einen knuffige, liebenswerte Junggebliebene zum anderen Teil sind es auch resignierte alte Menschen - teilweise mit tragischen Biografien.
Die eigentliche Leistung von Regisseur Douglas Wolfsperger ist es, die Balance zwischen den beiden Empfindungspolen Sympathie und Missbehagen, zwischen denen der Zuschauer immer wieder hin und herwandert, zu halten. Die Dosierung stimmt in »Bellaria«, und gerade die kontrastreiche Beschreibung der durchweg interessanten Protagonisten macht ihn zu einer Dokumentation, die des Öfteren in schwarzhumorigen Gefilden landet, wo Lachen und Schlucken für das Publikum oft eng beieinander liegen. »Bellaria« ist ein Film über den Fluchtort Kino, über Leben und Sterben, über Lebensfreude und Resignation im Alter, über Wahrhaftigkeit und Lebenslügen. Dem österreichischen Dokumentarfilmer Wolfsperger ist ein vielschichtiges, fesselndes und eindringliches Werk gelungen.