Das Schmuckstück

Komödie, Frankreich 2011, 103 min

„Du bist auf der Höhe der Zeit, Mama. Überall übernehmen die Frauen die Macht.“ Wann soll das gewesen sein? 1977? Von Auswirkungen einer weiblichen „Machtübernahme“ ist im Jahr 2011 nichts zu spüren. Trotzdem scheint die Zeit Lichtjahre entfernt, da sich Männer wie Paschas gebärdeten und ihre Frauen lediglich die Funktion eines Accessoires innehatten. Die wunderbare Catherine Deneuve spielt ein solches Schmuckstück. Als Frau eines Regenschirmfabrikanten muss sie sich täglich Sätze vom Kaliber „Du hast eine Meinung? Ich erwarte von dir nur, dass du meine Meinung teilst“, anhören. Das wäre vermutlich auch so geblieben, wenn nicht das Drehbuch von François Ozon (»8 Frauen«, »Swimming Pool«) und das vorangehende Theaterstück von Barillet & Grédy wären. Das Besondere: obwohl eine zutiefst feministische Geschichte, wird einfach auf den theoretischen Überbau verzichtet.
Suzanne übernimmt in politisch turbulenten Zeiten die Leitung der Fabrik ihres Mannes, der sich von einem Infarkt erholt. Zunächst wird sie herzlich ausgelacht, aber dann findet sie mit ihrer klug-pragmatischen Art viele Verbündete, unter anderem ihren kreativen Sohn und den örtlichen Abgeordneten der kommunistischen Partei, gespielt von Gérard Depardieu. Mit dem hatte sie mal eine Affäre, als beide noch jung waren. Und nicht nur mit ihm, wie sich bald herausstellt…
Der Film erzählt seine Geschichte mit einer herrlichen Leichtigkeit in knallbunten Farben und schönen retro-Dekors, auch die Departments Kostüm und Maske haben ganze Arbeit geleistet. Da Ozon nie oberflächlich ist, sondern seinen Figuren viel Aufmerksamkeit schenkt, geschieht der märchenhafte Aufstieg des „Schmuckstücks“ in die große Politik ganz selbstverständlich. Genauso wie die Deneuve dem Publikum einige zauberhafte Sing- und Tanzeinlagen beschert.
Eine Komödie, ein Märchen, eine Familiengeschichte - das alles ist drin, und natürlich ist der Stoff hochpolitisch. Catherine Deneuve hat schließlich lang genug für die Sache der Frauen gekämpft, um zu wissen: „Die Frauen und die Macht - dieser Kampf ist noch lange nicht vorbei!“
Petra Wille