Anonyma - Eine Frau in Berlin

Drama, Deutschland 2008, 131 min

April 1945: Die Rote Armee kämpft sich durch die Berliner Außenbezirke Richtung Stadtzentrum. Der Alltag der die nächtelangen Bombardements und Zerstörungen Überlebenden wird von immer größeren Schwierigkeiten bestimmt. Nahrungsmittel gibt es kaum noch, Elektrizität und Gas fallen aus. Dazu kommt die von der Führung geschürte Angst vor den Untermenschen aus dem Osten. Doch der Kriegslärm kommt immer näher und eines Tages passiert es, Soldaten in fremden Uniformen ziehen über die Straße Richtung Stadtzentrum. Nachts stürmen sie in die Häuser, zu den Vorräten und Frauen. Eine von ihnen ist Anonyma (Nina Hoss), einst Journalistin und Fotografin. Aus ihrer Perspektive erzählt der Film von Entbehrung, Not und Demütigung. Gezwungenermaßen fasst sie den Entschluss, sich einen russischen Offizier zu suchen, der sie beschützt. Und es geschieht, worauf sie am wenigsten gefasst war. Es entsteht eine seltsame Beziehung zu dem Offizier Andrej (Evgeny Sidikhin), die sich wie Liebe anfühlt, wären da nicht das Erlebte und die absurde Situation.
Die ambitionierte Verfilmung beruht auf den gleichnamigen Tagebuchaufzeichnungen einer bis zu ihrem Tod anonym gebliebenen Autorin im Zeitraum 20. April bis 22. Juni 1945. Ihr Buch erschien erstmalig 1954 auf englisch und danach in einem kleinen Zürcher Verlag. Erst 2003 mit der Wiederveröffentlichung in Deutschland wurde es als wichtiges Zeitdokument entdeckt. Die Aufzeichnungen erzählen lakonisch, realistisch und mit schwarzem Humor von den letzten Kriegs- und ersten Friedenstagen im zerstörten Berlin.
Max Färberböck (»Aimée & Jaguar«) gelingt es, das komplexe Thema ausgewogen zu erzählen und Überzeichnungen zu vermeiden. Diese Tage auf das Stichwort „Massenvergewaltigungen“ zu reduzieren, wäre vereinfacht. Zu tragisch und blutig war der Untergang Berlins, mussten Frauen gezwungenermaßen zu den wahren Heldinnen des Kriegsalltages werden, denn „der Krieg der Männer war vorbei“. Und wie mussten sich erst russische Soldaten fühlen, teils einfache Bauern für Jahre in den Krieg geschickt, in blutige Straßenkämpfe verwickelt und auf den deutschen Reichtum treffend.
Der Film besticht durch seine hochkarätige Besetzung u. a. mit der Fassbinder-Ikone Irm Hermann, Jördis Triebel, August Diehl, Rüdiger Vogler und Juliane Köhler. Alle sowjetischen Soldaten werden von russischen Schauspielern gespielt, darunter dem Kino- und Theaterstar Evgeny Sidikhin.
ak

Buch: Max Färberböck

Regie: Max Färberböck

Darsteller: Nina Hoss, Jewgeni Sidikhin, Irm Hermann, Jördis Triebel, August Diehl, Rüdiger Vogler, Juliane Köhler

Kamera: Benedict Neuenfels

Musik: Zbigniew Preisner

Bundesstart: 23.10.2008

Start in Dresden: 23.10.2008

FSK: ab 12 Jahren