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Human Flowers of Flesh

Drama, Deutschland/Frankreich 2022, 106 min

Wer gerade keine romantischen Komödien oder bombastischen Biopics sehen mag, darf anheuern an Bord eines Segelbootes und mit einer Handvoll Seeleuten das Mittelmeer befahren. Die Kapitänin heißt Ida (Angeliki Papoulia) und ist Griechin. Auf ihrer kleinen Odyssee driftet sie übers weite Meer der sinnlichen Wahrnehmungen. Sie tut dies als ein winziger Bestandteil einer riesigen Oberfläche, sie treibt wie die Nussschale über den Ozean durch die sicht- und erfahrbare Welt, die uns umgibt. Auf die unser Blick täglich gerichtet ist, zumeist verhindert und abgelenkt. Deren Geräusche unsere Ohren täglich erreichen, die unsere Hände unentwegt berühren. Ein Teil dieser Oberfläche ist das Ergebnis einer ewigen Abfolge von Ereignissen, ein anderer das Resultat bewussten, menschlichen Handelns. Dieses Mosaik, alles uns Umgebende zeitgleich zu betrachten und zu durchschauen, ist eine nie endende Wechselwirkung, der die deutsche Regisseurin seit ihrem Debüt »Drift« (2017) nachspürt. In Marseille stolpert sie buchstäblich über die Fremdenlegion, deren Existenz sie im Jahr 2020 für einen absurden Anachronismus hält. Und so wendet sich der Kurs ihres Bootes nach Korsika, wo Legionäre vom Himmel fallen, dem Grün der Wälder entwachsen oder aus dem Meer auftauchen. Womöglich ebenso zufällig, wie Helena Wittmann der Filmtitel zuflog und dann an dem Projekt haften blieb, formte sich die Idee, nicht einfach irgendeinen Soldaten vor der ehemaligen, algerischen Festung der Fremdenlegion in Sidi-Bel- Abbes aufmarschieren zu lassen; es sollte Sergeant Galoup sein und Dennis Lavant (»Beau Travail« 1999) erwies dem Film die Ehre.

Die Regisseurin ist sich im Klaren darüber, dass der Schlüssel zu ihrem Werk nur bei jeder einzelnen Betrachterin existiert. Bereithalten kann sie ihn gar nicht und will es auch nicht. Einzig ihre selbst gemachten Erfahrungen zu teilen und damit auf ein paar Türen zu verweisen, zu denen die Zuschauerinnen sich Zutritt verschaffen könnten, entspricht Helena Wittmanns Intention.
alpa kino