Tatjana

Komödie/Drama, Finnland/Deutschland 1994, 62 min

Valto hat die Faxen dicke.
Eben saß er noch an seiner Husquarna-Nähmaschine und stichelte am Spitzenbesatz für ein Frauenkleid herum. Jetzt verlässt er das Haus und seine Mutter. Seinem entschlossenen Blick nach zu urteilen, ist es ein Abschied für immer. Vorsorglich hat er Mutter vorher noch in der Besenkammer eingesperrt. Man kann ja nie wissen. Vielleicht ist sie nachtragend. Valto alias Mato Valtonen ist so um die fünfundvierzig und im richtigen Leben Gründer und Chef der Leningrad Cowboys. Mit seiner neuen 12V Kaffeemaschine schaut er auf einen Sprung bei Reino vorbei. Reino ist Rocker und verdient sein Geld als Automechaniker. Er hat gerade Valtos Wagen repariert. Einen schwarzen Wolga Kombi, Baujahr 1965. Aus der Probefahrt wird eine Spritztour. Aus der Spritztour wird ein Roadmovie. Wir sind eindeutig in Finnland. Während der Wolga sanft federnd über die Landstraßen rollt, spielt der eingebaute 12V Schallplatterspieler (!) eine Renegades-Single nach der anderen. Valto füllt die Kaffeemaschine nach, und Reino erzählt Rockergeschichten. Ginge es nach den beiden, würden sie wohl bis zum Abspann so weiterfahren. Doch dann laufen sie Tatjana und Klavdia, zwei russischen Touristinnen über den Weg. Deren Entschluss ist schnell gefasst. Die zwei Typen sind genau die Sorte Trottel, die sie gesucht haben…
Als dieser Film 1994 in unsere Kinos kam, schien die Welt wieder in Ordnung. Eines der schönsten Leinwand-Liebespaare war wieder vereint. Matti Pellonpää (Reino) und Kati Outinen (Tatjana) sind wie geschaffen füreinander. Beide beherrschen die Kunst der feinen Blicke und fallen sich beim Schweigen nicht gegenseitig ins Wort. In »Schatten im Paradies« trafen sie zum ersten Mal aufeinander. Danach spielten sie bis 1993 zusammen genommen in insgesamt acht Kaurismäki-Filmen. Bevor sie in »Tatjana - Take Care Of Your Scarf« ein zweites und leider letztes Mal gemeinsam vor der Kamera standen.
Die Einschätzung der deutschen Filmkritik, „»Tatjana« sei wie die Quintessenz aller seiner bisherigen Filme“, sollte sich nur zwei Jahre später bewahrheiten. Am 14 Juli 1995 starb Matti Pellonpää vierundvierzigjährig. Sein letzter Auftrag als Moses in der Bibel-Verfilmung »Leningrad Cowboys Meet Moses« war es, die Band wieder heimzuholen nach Finnland. Seither suchen Kaurismäkis Figuren zuhause ihr Glück.
Alpa Kino

Buch: Aki Kaurismäki, Sakke Järvenpää

Regie: Aki Kaurismäki

Darsteller: Matti Pellonpää, Mato Valtonen, Kati Outinen, Kirsi Tykkyläinen, Elina Salo, Irma Junnilainen, Veikko Lavi, Pertti Husu

Kamera: Timo Salminen

Musik: Veikko Tuomi

Produktion: Aki Kaurismäki

Bundesstart: 07.07.1994

Start in Dresden:

FSK: ab 12 Jahren