Dann passiert das Leben

Wenn sich Anke Engelke und Ulrich Tukur anschicken, als ein in die Jahre gekommenes Ehepaar Vorbereitungen zu treffen auf die bevorstehende Pensionierung des Mannes und die damit zu erwartenden Veränderungen in Bad, Keller und Garten, möchten manche kurz an einen Klassiker von Loriot denken. Die Verwechslungsgefahr ist trotz kleiner Abziehbilder minimal. Auch wenn Rita und Hans mit ähnlichen Problemen beladen sind. Ihre Ehe dauert ja schon ein halbes Leben, und die Zeit nagt an Vertrauen und Empathie. Und an der Liebe. Da türmen sich beiseite geschobene Konflikte, wie auch ungenutzte Gelegenheiten, nach dem Verbleib ihres Sohnes (Lukas Rüppel) zu forschen. Sich wieder miteinander zu beschäftigen, vorsichtig kleine Verhaltensmuster zu hinterfragen und sich beim gegenseitig auf den Füßen Stehen gerade wieder öfter in die Augen zu schauen; es wäre jetzt genau die richtige Zeit dafür! Doch dann passiert das Leben. Mitten in einem routiniert geführten Streit über verpasste Chancen überfahren sie des Nachts im strömenden Regen einen Radfahrer, dessen Tod ihr schlingerndes Beziehungskarussell erst einmal völlig zum Stillstand kommen lässt. Für Rita, eine desillusionierte Altenpflegerin, die jeglichen Veränderungen gegenüber immer schon skeptisch war, ist das ein fürchterlicher Einschnitt. Die Bremer Regisseurin Neele Leana Vollmer, die zuletzt eine Serie über die blaue Niethose gemacht hat, geht nun dazu über, eigene Stoffe zu entwickeln, nachdem sie mit wunderbaren Adaptionen von Jan Weiler, Andreas Steinhöfel oder Bov Bjerg einen bemerkenswerten Instinkt für gute Bücher bewies. Das fragile Unternehmen, eine angerostete Ehe wieder aufzupolieren, war bereits Thema ihres ersten Kurzfilmes. Hier nun lässt sie die elektrischen Rollläden hoch und runter fahren, damit immer mal etwas Licht auf die müde gelaufene Ehe fällt, die noch nicht einmal die baldige Großelternschaft in helle Freude versetzen kann.
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