TRAILER

Priscilla

Drama/Biografie, USA/Italien 2023, 113 min

Nachdem Baz Luhrmanns »Elvis« mit Austin Butler schwersten Eindruck und auch viel Genörgel bei einigen Rock´n´Roll-Authentiks hinterlassen hatte, lässt Sophia Coppola (»Lost in Translation«) nun gepflegt nachwaschen und zeigt uns mal die Sicht von nicht irgendjemandem aus der Zweiten Reihe, sondern von Elvis besserer Hälfte Priscilla hereself und darüber hinaus basierend auf ihrer 1985 veröffentlichten Biografie „Elvis and me“. Dass wir diesen Film überhaupt zu Gesicht bekommen und ich darüber gezielt und trefflich berichte, ist wohl den uns fremden moralischen Gepflogenheiten der damaligen Zeit geschuldet. Würde Elvis in unseren Tagen leben, hätte man ab dem Punkt des Kennenlernens von Priscilla seine Karriere im Blätter- und Socialmediadschungel zerrissen, wenn nicht gar beendet und Luisa Neubauer und Greta Thunberg würden jetzt angeklebt vor der Einfahrt zu Graceland sitzen. Ich meine das muss man sich mal vorstellen, er war 24 und sie 14. Junge, Junge möchte man da zurufen! Jedoch nur unter größter Obicht erlaubten Priscillas Eltern den Kontakt zum King. Zwei Jahre später, alle beide sind wieder zurück aus der Bundesrepublik, besucht sie ihn auf Graceland und zieht bereits ein Jahr später bei ihm ein, unter der Bedingung der Eltern, dass Elvis sie heiratet. Und Elvis heiratet sie auch brav nach Vollendung ihrer Volljährigkeit. Drei Monate später ist Priscilla bereits schwanger. Von da an nimmt die Geschichte für Priscilla eine jähe Wendung. Fühlte sie sich bereits im fernen Deutschland fremd, verbessert sich ihre Situation im Goldenen Käfig Graceland in keiner Weise. Ja, sie liebt Elvis, doch er ist kaum für sie und seine Tochter Lisa-Marie da. Er hat andere und vor allem erzkonservative und narzistische Vorstellungen einer Beziehung, die sie drohen zur puppenhaften Kulisse seines Lebens werden zu lassen. Für sie kommt erschwerend hinzu, dass er nun versucht seit der Geburt ihrer Tochter Körperlichkeiten mit ihr zu vermeiden. Coppola macht diesbezüglich Andeutungen, doch dann wieder nicht und lässt uns mit der üblichen Kenntnis zurück, dass Elvis wohlmöglich psychologische Probleme hatte, mit einer Frau zu schlafen, die Mutter ist. Doch Priscilla will sich mit dieser Rolle, die er ihr versucht zuzuteilen, nicht abfinden. Sie möchte mehr im Leben und sich vor allem weiterentwickeln und auf eigenen Beinen stehen. Hier kommt Priscilla-Darstellerin Cailee Spaeny voll ins Spiel. Zu Beginn verkörpert die Schauspielerin noch derart das kleine unterwürfige Mädchen, dass es schon weh tut. Das Meisterhafte von Spaenys Spiel ist es aber, die Figur über den Lauf des Films langsam zu einem eigenen Profil zu entwickeln. Sophia Coppola inszeniert erfolgreich die Metamorphose von Priscilla vom naiven Teenager bis zur aus der Märchenwelt erwachenden Frau, welche zunehmend weiß, was sie will und sich ihrer Sehnsüchte bewusst wird. Das lässt dann zwar oft die Ikone Elvis als ziemliches Arschloch dastehen, aber was willste machen? Schmuck gesungen hat er ja und nicht jeder kann so ein meganetter alter Mann sein wie ich, dem man auch mal gern über die Straße hilft.

Ray van Zeschau (Chanteur de Rock'n'Roll)