Joan Baez - I Am a Noise
Wenn Joan Baez in den letzten Jahren auf die Bühne ging, sagte sie halb geschmunzelt und halb erstaunt, „I don't make history, I am history“, was auch ein schöner Filmtitel gewesen wäre. Nun heißt die ambitionierte Filmbiografie über die einflussreichste Sängerin des vorigen Jahrhunderts »I Am a Noise«, wie es die 13-jährige Joan Baez von sich gesagt hatte. Das zeigt ein wenig, in welche Richtung sich die Regisseurinnen Karen O'Connor, Maeve O'Boyle, und Miri Navasky hatten begeben wollen. Weg von dem Monument, welches das Leben und Wirken von Joan Baez zweifellos darstellt, hin zu einer sehr viel privateren, intimeren und unentdeckteren Frau. Hin zu den Zweifeln, Ängsten und Kämpfen, aber auch zu ihrer stolzen Kraft oder der Frage „Am I Pretty When I Fly“. Und dann eröffnete sich ihnen ein Privatarchiv, welches im Elternhaus Baez akribisch geführt, aufgeschrieben und gefilmt wurde. Ehrfurchtsvoll und staunend saßen die drei Regisseurinnen davor, warfen alles über den Haufen und begannen noch einmal bei Null; Wer zum Teufel ist diese Frau? Die schon Aktivistin war, ehe sie singen konnte, die ihre Stimme erhob und neben Martin Luther King „We Shall Overcome“ anstimmte, sich nach ihrer Romanze von Bob Dylan verhöhnen ließ für ihre Standhaftigkeit, die während des Vietnamkrieges mit Jane Fonda ins kommunistische Hanoi fuhr um des Friedens willen, und die trotz alldem über Panikattacken, Therapiesitzungen oder ihre Versuche, Kopfüber-Bilder zu malen, spricht. Es ist ein verdammtes Glück, dass Karen O'Connor, die langjährige Freundin der Baez, sofort ihre Kolleginnen alarmierte, als sie von der Abschiedstournee für 2018 erfuhr. Die 77-jährige Baez dankt noch einmal allen. Die ihr halfen, ein paar Schneisen in das 20. Jahrhundert zu schlagen, in diese wie selbstverständlich gewaltbereit scheinende Welt. Und sie dankt sich selbst. Dafür, dass es nie jemandem gelang, sie von ihrem Weg abzubringen.
alpa kino
Regie: Miri Navasky, Maeve O’Boyle, Karen O’Connor
Darsteller: Joan Baez
Kamera: Wolfgang Held, John Baynard Daniel Carter, Laura Mcgann, Ben Mccoy, Tim Grucza
Animation: Eat The Danger
Musik: Chris Robertson
Produktion: Mead Street Films, Miri Navasky, Maeve O’Boyle, Karen O’Connor, Greg Sarris, Patti Smith, Josh Braun, Ben Braun, Terry Press
Bundesstart: 28.12.2023
Start in Dresden: 28.12.2023
FSK: ab 12 Jahren