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Die schönsten Jahre eines Lebens

Drama, Frankreich 2020, 90 min

Das darf der doch nicht. Denkt man unvermittelt, wenn im Kinotrailer das zeitlose »Un homme et une femme« von Francis Lai erklingt, das ist doch…, warte, das war doch…, aus einem Trintignant-Film, »Ein Mann und eine Frau«, Momentmal, von… Claude Lelouch. Okay, er darf es. Wer, wenn nicht er! Denn im Garten des Altersheimes sitzen ein Mann und eine Frau. Nicht irgendein Mann oder irgendeine Frau, mais non, es sind Anouk Aimée (88) und Jean-Louis Trintignant (90) selbst. Ihre Liebesgeschichte begann 1966 mit Claude Lelouchs mehrfach vergoldeter Idee vom verliebten Rennfahrer Jean-Louis, der vom Atlantik durchs halbe Land rast, um Anne am Bahnhof in Paris zu umarmen. 53 Jahre später hockt der Monte Carlo Gewinner von einst missmutig im Altersheim und erinnert sich nur noch vage an die schönsten Jahre seines Lebens. Hilfe naht, als ihm sein Sohn Antoine (Antoine Sire) den sehnlichsten Wunsch erfüllt und Anne Gauthier ausfindig macht. Antoine überredet Anne, dem alten Herrn einen Besuch abzustatten, schließlich redet dieser unentwegt von der Liebe seines Lebens. Anne ist skeptisch, willigt jedoch ein. Schon einmal, Mitte der Achtziger, hatte sie erfolglos versucht, ihre gescheiterte Romanze aufzuarbeiten, Claude Lelouch bannte diesen Versuch als »Ein Mann und eine Frau, zwanzig Jahre später« auf Zelluloid. Und ihr erster Besuch im Altersheim scheint ihr Recht zu geben, Jean-Louis vermag die Angebetete noch nicht einmal wieder zu erkennen. Charmant untermalt von was-wäre-wenn-wir-mit-einer-Ente-100-km/h-schafften-Tagträumen, von Francis Lai's letzter Filmkomposition und von ebenso traumhaft anmutenden Rückblenden, geben sich die Liebenden eine zweite Chance. Welcher Regisseur darf am Set schon freudig erregt ausrufen; Ah voilà, die Rückblenden habe ich bereits im Kasten… Leloch dreht, nach seinen eigenen Worten, die Szene seines Lebens, wenn Aimée und Trintignant sich hier zum ersten Mal begegnen. Ungeprobt und verliebt wie eh und je, dokumentiert Lelouch am zweiten von dreizehn Drehtagen ihr Wiedersehen. Gemeinsam machen sie einen Ausflug nach Deauville, wo der junge Jean-Louis einst über die Promenade bretterte, Lelouch betritt mit ihnen wieder jenes Hotelzimmer und bringt sie zurück nach Paris und auf den Bahnsteig, wo alles endete und begann. Immer aufmerksam beobachtend, wie diese beiden großartigen Menschen von ihrer eigenen Geschichte eingeholt werden. Am Ende beschenkt er die ewig Verliebten mit Victor Hugos großartigem Bonmot: Die besten Jahre eines Lebens sind all jene, die man noch nicht gelebt hat.
Alpa Kino