Einmal bitte Alles

Komödie/Jugend, Deutschland 2017, 85 min

Der Titel klingt ein wenig vermessen, so ist es im Film aber gar nicht. Isi will doch nur teilhaben, anerkannt sein und mit ihren Skizzen einen Graphicnovell herausbringen. Man gönnt es ihr von ganzem Herzen, doch das Leben ist nicht so. Schon Thomas Manns »Tonio Kröger« wusste um die Einsamkeit des Künstlers, aber was nützt das, es ist über 100 Jahre her und hilft Isi jetzt auch nicht weiter, mit den Widrigkeiten des Lebens klar zu kommen, wo alle schönen Träume mit einem Ablaufdatum versehen zu sein scheinen, das unerbittlich näher rückt oder gar schon überschritten ist. Die Probleme können durchaus heftig sein: Kein Verleger, nur schlecht oder gar nicht bezahlte Praktika, Schimmel in der Wohnung, abgelaufene Fristen im Pfandhaus und, und, und…
Was am schlimmsten reinhaut - bisher hat sie alles mit ihrer besten Freundin Lotte geteilt, man hat zusammen gefeiert, sich aus brenzlig-peinlichen Situationen geholfen, zusammen Spaß gehabt, gelacht, geweint, sich getröstet… und dann - Lotte verliebt sich in Leo! Seitdem ist sie nur auf ihn fixiert und für Isi nicht mehr verfügbar. Mist, dabei hatten sie sich so fest vorgenommen, erst mit über 30 den Weg ins Zweier-Beziehungsglück mit Kind(ern) einzuschlagen. Nun darf Isi also aus der gemeinsamen WG ausziehen, macht eh keinen Spaß, immer akustisch dem Geschlechtsakt der Anderen beizuwohnen. Also auf in die nächste WG, doch auch die 600€ für ein mickeriges Zimmer wollen erst einmal aufgebracht sein und Klausi (der neue Vermieter und Mitbewohner) ist zwar guter Kumpel, braucht jedoch dringend das Geld - (Klein)Künstler halt - für die Behandlung seines kranken und altersschwachen Geckos. München ist auch nicht Berlin, wo solch’ ein Leidensweg wohl recht alltäglich ist.
Nichtsdestotrotz sollten sich viele Berliner »Einmal bitte Alles« anschauen, natürlich nicht nur die - vielleicht um etwas zu lernen. Auch ist es keineswegs ein Generationenfilm. Wer in dem Alter ist, erkennt bestimmt die ein oder andere Situation belustigt wieder; wer älter ist, mag sich gerne zurückerinnern oder weiß dann vielleicht besser, was die Sprösslinge durchmachen. Mit einigem Augenzwinkern zeigt uns »Einmal bitte Alles« also, wie's „wirklich“ ist.
Regisseurin Helena Hufnagel dazu: „Keiner weiß mehr, ob er jemals irgendwo ankommen wird und wenn ja, wo das sein wird. Alle haben Träume, die sich - vielleicht - erfüllen, wenn man schon nicht mehr damit gerechnet hat. 30 ist das neue 20, sagt man. Und 2012 sollte ja sogar die Welt untergehen. Auf was kann man sich eigentlich noch verlassen?“
Shunya