Caracas, eine Liebe

Drama, Venezuela 2015, 96 min

Wenn der 50-jährige Armando (Alfredo Castro) von seinem übersichtlich sortierten Arbeitsleben flüchtet und sich aus den Vororten junge Männer mit nach Hause nimmt, wenn diese nicht nur sein Geld nehmen, sondern ihn verprügeln und bestehlen und wenn Armando trotzdem zu ihnen zurück kriecht, Beschimpfungen schluckend wie andere Betäubungsmittel, dann darf man als Ursache gewisse Traumata vermuten, welche sich nicht einfach so weg onanieren lassen. Der Zahntechniker lebt in der venezolanischen Hauptstadt Caracas. Hier trifft er eines Tages auch auf Elder, einen kleinkriminellen Automechaniker, der mit Armandos schrulligem Bedürfnis nach Nähe nichts anfangen kann. Elder verprügelt Armando und beklaut ihn. Als der vor der Autowerkstatt wartet, um den Jungen ein zweites Mal zu sich zu holen, beginnt sich die Geschichte in eine vollkommen unerwartbare Richtung zu entwickeln. Schaut man genauer hin, stößt man auch auf deren Ursprung; die Story stammt von Guillermo Arriaga, der bereits die Plots zu Filmen wie »Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada«, »21 Gramm« oder »Babel« verfasst hat. Und dem es gefällt, wenn die beiden Männer sich aneinander reiben, sich ihrer bisherigen Verhaltensmuster zu entledigen suchen und so etwas wie eine zärtliche Beziehung entsteht. Angetrieben von der Sehnsucht nach der Heilung alter Wunden. Bei Armando bestätigt sich die eingangs getroffene Vermutung, er verfolgt den eigenen Vater quer durch die Stadt wie einen Verbrecher. Elder, der Armando inzwischen seiner Familie vorgestellt hat, bemüht sich um Aufklärung… Die hier nicht verraten werden soll. Denn der Gewinner des Goldenen Löwen von Venedig 2015 schlängelt sich noch ein ums andere Mal überraschend auf dem Pfad der Gerechten. Und die Tyrannei böser Männer scheint kein Ende zu finden.
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