Imagine Waking Up Tomorrow and All Music Has Disappeared

Dokumentation/Musik, Schweiz/Deutschland 2015, 86 min

Ein interessantes Gedankenspiel: Musik, diese überaus spannende künstlerische Ausdrucksform des Menschen, müsste vollkommen neu erfunden werden, wenn es nach der Vision des gealterten Punks und Ex-Musikers Bill Drummond geht. Der Mann, der mit „The KLF“ Anfang der Neunziger erfolgreich Hits produzierte, träumt sich eine Welt, aus der sämtliche Musik verschwunden ist, ganz gleich, ob auf analogem, digitalem oder mechanischem Trägermedium gespeichert. Mehr noch, alle Musikinstrumente und sämtliche schriftlichen Aufzeichnungen wären ebenso verschwunden, quasi das gesamte musikalische Gedächtnis der Menschheit ausgelöscht. Tabula rasa auf einem schneeweißen Notenblatt. Das Einzige, was nun noch bliebe, sei die menschliche Stimme. Und mit dieser als Werkzeug gründet Drummond den größten Chor der Welt, indem er schlichtweg jedes Individuum darin aufnimmt. Weil Musik zuallererst ein Geräusch ist. Jeder kann es fabrizieren. Selbstredend steigt die musikalische Spannung mit der Anzahl der Chormitglieder, bzw. mit der Polyphonie. Bill Drummonds zweite wichtige Vision ist die Einzigartigkeit des erlebbaren Moments; no recording, no duplication, no technics at all. Um Musik erleben zu können, muss man sie „machen“, diese simple Gleichzeitigkeit empfindet Drummond als die schönste Idee an seiner Vision. Klar, dass man mit der filmischen Dokumentation über den umherziehenden Chorleiter dessen reine Lehre im Ansatz schon wieder zerstört. Funktionieren könnte das im Grunde nur bei ausgeschalteter Kamera. Aber Regisseur Stefan Schwietert hat mit dem schottischen Pfarrerssohn, der durch England und Wales bis an die tosende irische Küste tourt, ein paar knifflige Regeln erarbeitet. Und Schwietert hält hübsch die Balance zwischen dem Nichthörbarmachen von Drummonds Partituren und dem heimlichen Abfilmen der munter musizierenden Feldarbeiter, Pensionäre, Schulkinder, Straßenbauer oder Trinkgenossen im Pub.
alpa kino

Buch: Stefan Schwietert

Regie: Stefan Schwietert

Darsteller: Bill Drummond

Kamera: Adrian Stähli

Musik: Jan Tillmann Schade

Produktion: maximage, Flying Moon, SRF, SRG SSR, Cornelia Seitler, Brigitte Hofer, Helge Albers

Bundesstart: 22.10.2015

Start in Dresden: 22.10.2015

FSK: o.A.