Härte

Doku-Drama, Deutschland 2015, 93 min

Das Leben ist hart. Normalsterbliche haben keine Ahnung davon! Anfang der 70er Jahre läuft der 16-jährige Neuköllner Karatekämpfer Andy Marquardt auf Fäusten die Treppen eines 20-Geschossers nach unten. „Junge, wenn du das geschafft hast, dann bist du der Größte. Dann schaffst du alles, was du willst in deinem Leben…!“ Ungefähr zur selben Zeit gelingt ihm etwas noch viel Unvorstellbareres. Durch Auszug aus der elterlichen Wohnung entzieht er sich dem sexuellen Missbrauch, mit dem ihm die eigene Mutter seit zehn Jahren Gewalt antut. Frühzeitig flieht das Kind in den Sport, erst Judo, später Karate. Der pragmatische Grund: Dem Sechsjährigen bricht der Vater die Hand, aus sadistischem Vergnügen, und der Junge schwört, dass ihm nie wieder jemand wehtun dürfe. Da hatte er noch keine Ahnung, welche Schmerzen ihm die Mutter bereiten sollte. Ein Leben lang. Dem erwachsenen Sohn intrigiert sie hinterher, auch deswegen gelingt Andy keine echte Beziehung zu Frauen. Statt dessen beginnt er sein „Hassprogramm auf Frauen“ mit seiner Karriere als einer der härtesten Zuhälter Berlins. Er organisiert täglich 8 bis 10 Prostituierte, von denen keine einzige die anderen kennt. Er geht jeden Tag trainieren und wird mehrfach Europa- und Asienmeister im Vollkontaktkarate. Und er arbeitet für die Steuer offiziell bei einem Bestattungsunternehmen. Irgendwann aber schlägt die Polizei zu, und Marquardt fährt wegen schwerer Körperverletzung an einem seiner Mädchen für 4 Jahre in Moabit ein. Aber das Schwerste kommt erst noch. Im Knast fleht und bettelt er, endlich eine Therapie machen zu dürfen. Er muss reden. Oder er schlägt alles kurz und klein…
Rosa von Praunheim inszeniert dieses Dokudrama, das auf Marquardts Buch »Härte« beruht, mit Hilfe einer stark stilisierten Spielhandlung überaus pfiffig und mit drei eindringlich agierenden Darstellern; Hanno Koffler (Andy), Katy Karrenbauer (Mutter) und Luise Heyer (Marion). Wenn es bei Karate um Respekt geht und darum, den Geist zu befreien, dann bemerkt man an dem heute fast 60-jährigen Marquardt, dass er es geschafft hat. Wie er sich für das Training seiner Karate-Kids stark macht, wie er beim Sozialprojekt »Kind im Zentrum« vor allem benachteiligte und missbrauchte Kinder unterstützt, das zeugt von seinem Sieg über die Härte des Lebens. Respekt!
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