Die Augen des Engels

Drama, Großbritannien 2014, 102 min

Amanda Knox ist frei. Aber ist sie auch der Engel mit den unschuldigen Augen…? Sich in ihrem Fall ein Urteil bilden zu wollen, gelang nicht einmal der italienischen Justiz. Da mag man es dem deutschen Regisseur Thomas Lang (Daniel Brühl) verzeihen, dass sein ehrgeiziger Plan nach einer rastlosen Recherche im Nichts endet. Lang glaubte den idealen Stoff gefunden zu haben für seinen nächsten Film. Kein Autor hätte sich jemals solch eine Geschichte ausdenken können wie die hier verhandelte Irrfahrt der italienischen Gerichtsbarkeit im Falle der vermeintlichen Mörderin und zweifach verurteilten Amanda Knox. Aber Vorsicht. Ihre Anwälte drohen, jeden zu verklagen, der die Filmhandlung mit der freigesprochenen Amerikanerin in Verbindung bringt. Also noch einmal von vorn. Die amerikanische Studentin Jessica Fuller steht im italienischen Siena vor Gericht, dringend verdächtig des gemeinschaftlich begangenen Raubes und brutalen Mordes an ihrer britischen Zimmergenossin Elizabeth. Thomas Lang trifft also in Siena die Journalistin Simone Ford (Kate Beckinsale), die den Fall seit Monaten verfolgt und bereits ein Buch darüber geschrieben hat (Barbie Nadeaus Buch »Angel Face« diente als Vorlage zu diesem Film). Je mehr sich Lang in die relevanten Details vertieft, desto widersprüchlicher erscheint das Chaos der Indizien. Gleichzeitig glaubt jeder der hundert Journalisten zu wissen, wie die Geschichte ausgeht. Aber die Wahrheit taugt nichts, wenn man sie nicht erzählen kann. Und Jessica Fuller schweigt. Lang sucht also nach einem Anfang für sein Drehbuch und verfällt einer verrückten Idee. Aus diesem Mordfall macht keiner einen Film, der nicht selbst durch das Fegefeuer geht. Untertauchen muss man, den Eingang zur Hölle finden, aus der die Mörderin und ihr Komplize gekrochen sind. Und in der engelsgleichen Studentin Melanie findet Lang die perfekte Ver-Führerin… Regisseur Michael Winterbottom macht keinen Hehl aus seinem Ringen mit dem Stoff, nein, er macht einen zwielichtigen Thriller daraus, dem eine Mords-Geschichte als Sprungbrett zur göttlichen Komödie dient. Sein Regisseur wandelt unter Sündern, die mit Steinen werfen, betäubt sich, um das Leid zu ertragen, findet Trost im Schmerz der Hinterbliebenen und folgt benommen seinen Wahnvorstellungen. Dass sie ihn führen mögen, durch die Augen des Engels zu schauen.