My Old Lady

Komödie/Drama, USA/Frankreich 2014, 106 min

Mathias (Kevin Kline), ein 57-jähriger Amerikaner, rafft seine letzten Taler zusammen und reist nach Paris - ohne Rückfahrkarte. In den Staaten hat er alle Zelte abgebrochen, um in Europa eine späte Erbschaft anzutreten, die ihm ein etwas breiteres Leben ermöglichen soll. Es gilt, das geerbte Appartement zu schnellem Geld zu verklingeln. Er hat seine Rechnung ohne die unwahrscheinlich gesunde alte Mieterin gemacht. Mathilde (Maggie Smith) verfügt über lebenslanges Wohnrecht und hat Anspruch auf eine monatliche Zahlung von Seiten des Vermieters. Mathias prüft die harten Fakten, guckt enttäuscht in die Röhre und findet sich in einer Art Wohngemeinschaft wieder. Für amerikanische Verhältnisse unvorstellbar: Es gibt nur eine Toilette in der riesigen Wohnung, auf der er bestürzenderweise noch eine weitere Frau vorfindet. Chloé (Kristin Scott Thomas), die Tochter der alten Dame, ist mit noch weitaus mehr Sprödizität ausgestattet als die Seniorin. Mit viel Rotwein und Humor lässt sich bekanntlich alles gütlich regeln, sogar die Liebe, die nicht lang auf sich warten lässt. »My Old Lady« ist das entspannte Spielfilm-Regiedebüt von Israel Horovitz, dem 75-jährigen und vor allem in Frankreich viel gespielten Bühnenautor und basiert auf dessen gleichnamigem Theaterstück. (Er ist übrigens Vater des Beastie Boys „King Ad-Rock“ Horovitz.) Als Drehbuchautor hat sich Horovitz der Ältere mit »Blutige Erdbeeren« (1970) einen Namen gemacht. Kein Wunder also, dass ein Mann wie er für sein spätes Leinwanddebüt Stars wie Maggie Smith, Kevin Kline und Kristin Scott Thomas gewinnen konnte. Die beiden großen Damen der Schauspielkunst sind häufig in viel beachteten Filmen zu sehen. Kevin Kline hingegen spielt lieber Theater und ist es vermutlich etwas leid, sich im Filmgeschäft immer an seiner Rolle des Möchtegernintellektuellen Otto in »Ein Fisch namens Wanda« (1988) messen lassen zu müssen, obschon er dafür seinerzeit den Oscar als bester Nebendarsteller erhielt. Bei Horowitz hat er die Gelegenheit auf der Leinwand zu brillieren wie schon lange nicht mehr. Das bestens aufgelegte Ensemble entzückt mit Feingefühl, Humor und Tiefgang vor der Kulisse der großen alten Metropole. Ein Hoch auf Laissez-faire, Paris und guten Rotwein.
Grit Dora