Mommy

Drama, Frankreich/Kanada 2014, 138 min

Der 15-jährige Steve (Antoine-Olivier Pilon) leidet an extremen Wut- und Gewaltausbrüchen. Niemand wird mit ihm fertig. Seine Mutter Diane (Anne Dorval) holt ihn aus dem letzten einer langen Reihe von Heimen für schwer erziehbare Kinder, nachdem er dort eine Cafeteria angezündet und ein anderes Kind schwer verletzt hat. Diane will ihn vor dem drohenden Zugriff des Staates schützen. Steve und seine Mutter arbeiten sich aneinander ab - mit Hasstiraden und Zärtlichkeitsbekundungen. Handgreiflichkeiten sind an der Tagesordnung. Beide hilflos und überfordert, wollen einander nicht aufgeben. Als eine neue Nachbarin in ihr Leben tritt, entspannt sich die Situation. Kyla (Suzanne Clément), eine sehr zurückhaltende Frau (sie stottert), kümmert sich um Steve. Leise wird angedeutet, dass die ehemalige Lehrerin selbst traumatisiert ist. In der Hinwendung zu dem ungebärdigen Jungen findet sie eine neue Aufgabe. Und es gelingt ihr für eine Weile, das chaotische Mutter-Sohn-Verhältnis auszubalancieren. Xavier Dolan ist auch in seinem neuen Film gnadenlos und realistisch genug, kein Happy End zuzulassen. Wieder scheut er keine emotionalen Extreme und findet dafür ungewöhnliche formale Mittel. Wenn Steve mit den beiden Frauen einen Ausflug macht und auf dem Longboard seine Arme öffnet, schiebt er das fast quadratische Bildformat auf Cinemascope auseinander. Ein Moment der Öffnung, des Glücks - der auch formal zurückgenommen wird, wenn die Geschichte den Bach runtergeht. Dolans vierter Film ist auch sein vierter Cannes-Beitrag (Preis der Jury) und von Kanada für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert. Der inzwischen 25-Jährige wird gern mit Wong Kar-Wai verglichen. Er ist aber auch ein später Erbe Rainer Werner Fassbinders - ebenso produktiv, radikal, schonungs- und kompromisslos. Stets bringt er die pure Verausgabung auf die Leinwand.
Grit Dora

Buch: Xavier Dolan

Regie: Xavier Dolan

Darsteller: Anne Dorval, Antoine-Olivier Pilon, Suzanne Clément, Alexandre Goyette, Patrick Huard

Kamera: André Turpin

Produktion: Metafilms, Xavier Dolan, Nancy Grant

Bundesstart: 13.11.2014

Start in Dresden: 13.11.2014

FSK: ab 12 Jahren