20.000 Days on Earth
Vor Nick Cave knien die Fans nieder und Laien fühlen sich inspiriert. Auch ohne ein ausdrucksstarkes und dermaßen hoch verdichtetes Kunstprojekt, wie es das vorliegende Dokudrama abgibt. Für diejenigen, die beim Hören von Caves aktuellem Album »Push The Sky Away« nicht wissen, wohin mit ihren Assoziation, bietet es die perfekte Folie. Denn die fiktiv zusammengestellten Ereignisse an Nick Caves zwanzigtausendstem Tag auf Erden entstammen just aus dem Produktionszeitraum für die genannte Scheibe. Aber da ist viel mehr noch. Nick Cave, der mindestens seit »The Lawless« einige Erfahrung hat beim Schreiben von Drehbüchern, mischt hier sehr geschickt Fiktion und Realität, Euphorie und Melancholie. Entstanden ist quasi ein 90 Minuten Song über den kreativen Prozess des Schreibens, das Wetter in England, die Akzeptanz beim Publikum, die Arbeit mit Kollegen oder das ganz private Rockstarleben. Klar, dass man dazu nun ein Video drehen musste und niemand, der Cave wirklich kennt, hätte einen staubtrockenen Dokfilm erwartet. Zwischen die großartigen Studioeinblicke sowie die für den 20.000sten Tagesablauf inszenierten Takes schleichen sich aber trotz aller Professionalität unvorhersehbare Momente ein.
Wenn Cave zum ersten Mal seit dem Weggang von Blixa Bargeld 2003 ein Gespräch mit seinem Ex-Musiker führt, bleibt eine gewisse Unvorhersehbarkeit nicht aus. Und klar, man kann sich in ein Set hocken mit einem Psychoanalytiker, wenn für den Film ein wenig Freud'scher Überbau benötigt wird. Aber Darian Leader und Nick Cave saßen dann mehrere Tage lang zusammen und gaben dem Affen Zucker. Was zu Beginn nur für die Promo des neuen Albums gedacht war, entwickelte plötzlich das Zeug zu einem ganz speziellen Künstlerporträt. Kniefall oder Musenkuss, eines scheint sicher; vor Kylie Minogues Angst des Vergessenwerdens darf sich Nick Cave wohl sicher fühlen.
alpa kino
Buch: Nick Cave, Iain Forsyth, Jane Pollard
Regie: Iain Forsyth, Jane Pollard
Darsteller: Nick Cave, Arthur Cave, Earl Cave, Blixa Bargeld, Susie Bick, Warren Ellis, Kylie Minogue
Kamera: Erik Wilson
Musik: Warren Ellis
Produktion: Corniche Pictures, BFI, Film4, Pulse Films, Dan Bowen, James Wilson
Bundesstart: 16.10.2014
Start in Dresden: 16.10.2014
FSK: ab 6 Jahren