Enemy

Drama, Kanada/Spanien 2013, 90 min

Was, wenn das Leben des Zwillings einfach mehr fetzt als das eigene? Wenn der die cooleren Klamotten trägt, wenn seine Frau glücklich und schwanger ist statt nur ein Ping-Pong-Flirt, und wenn selbst seine Obsessionen verwegener erscheinen als die eigenen? Dann lebt einer von beiden gefährlich… Adam Bell taucht in den klassischen Edgar-Allen-Poe-Albtraum, als er in einem B-Movie einen Nebendarsteller entdeckt, der ihm selbst zum Verwechseln ähnlich sieht. Zuerst findet der arrivierte Professor für Geschichte die Idee von einem unbekannten Doppelgänger am anderen Ende der Stadt durchaus reizvoll. Böte sie doch reichlich dialektisches Futter für seine Hegel-Vorlesung. Und Abwechslung für das monotone Tagein-Tagaus. Dieser Anthony Clair erweist sich als solchermaßen identisch in Bezug auf ihn, dass selbst dessen Frau Helen am Telefon Adam für ihren Mann hält. Aber was genau oder wer ist er nun wirklich? Ein verschollener Zwilling, der Motorrad statt Volvo fährt? Eine Projektion, ein Hirngespinst? Das erste misstrauische Treffen der beiden Männer offenbart eine gemeinsame Basis an emotionalen Frustrationen und mündet schließlich in einen beängstigenden, psychosexuellen Pakt. Gelegentlich schaut es so aus, als sei Anthony Adams Mr. Hyde. Oder ist es eher umgekehrt? Vielleicht leben ja beide gefährlich… Auf jeden Fall ist dieser spannende Thriller so offen und so verwirrend wie lange kein Film mehr und darf sich glücklich schätzen, dass die zwei Jake Gyllenhaals hier auf höchstem Niveau gegeneinander antreten. Gyllenhaals zeitweilige Zerrissenheit im eigenen Privatleben, sein Forschen und Suchen nach einem Platz im Leben fließen ansatzlos in die Figur des Adam/Anthony ein. Regisseur Denis Villeneuve beschreibt das Wirrwarr seines Filmes in bester Vertigo-Manier als ein großes emotionales Durcheinander. Ein Gefühlschaos, das nur darauf wartet, dechiffriert zu werden.
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