Schlachthäuser der Moderne
Die filmische Dokumentation der Bauwerke zweier südamerikanischer Architekten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, bildet die Grundlage des Films »Schlachthäuser der Modernen«, der den Doppelcharakter der architektonischen Moderne im ideologiegeladenen Spannungsfeld zwischen Avantgarde und politischer Propaganda untersucht:
Der indigene bolivianische Architekt Freddy Mamani Silvestre (*1971) hat im kurzen Zeitraum von fünfzehn Jahren ab 2005 in der Stadt El Alto über sechzig Projekte verwirklicht, die abseits vom Stilkrampf und Diktat einer westlichen Moderne mit seiner eigenständigen Farb- und Formenwelt eine utopische Setzung bedeuten. Siebzig Jahre zuvor errichtete der argentinische Architekt Francisco Salamone (1897-1959) in der Provinz Buenos Aires innerhalb von zehn Jahren eine Vielzahl öffentlicher Gebäude, die vom Geist einer faschistisch-futuristischen Moderne durchdrungen sind. Der Gegensatz zwischen Experimentierkunst und strengem Politsymbolismus, zwischen verspieltem Engagement und öffentlichen Zwangsvorstellungen, markiert die Pole, zwischen denen sich der Film im Kontext von Restauration und literarischer Verklärung bewegt.
Das Projekt „Stadtschloss“ (aka „Humboldt Forum“) in Berlins Mitte dient mit seinem Versuch einer Synthese zwischen monströsem Prachtbau und reduktiver Moderne als dritter Eckpfeiler dieser Untersuchung. Die Tatsachen eines präfaschistischen Wilhelminismus und eine verschrobene südamerikanische Phantasie über den Kern des Nationalsozialismus sind das Bindeglied, die die in Europa relativ unbekannten Bauwerke von Salamone und Mamani mit dem Diskurs über den Doppelcharakter der Moderne, ihr Changieren zwischen Experiment und Restauration, verbindet.
www.filmgalerie451.de/de/filme/schlachthaeuser-der-moderne
Buch: Heinz Emigholz
Regie: Heinz Emigholz
Kamera: Heinz Emigholz, Till Beckmann
Musik: Kiev Stingl „Einsam WEISS boys“
Produktion: Filmgalerie 451, rbb, Frieder Schlaich, Irene von Alberti, Rolf Bergmann
Bundesstart: 19.01.2023
Start in Dresden: 26.01.2023
FSK: ab 12 Jahren